Im vierten Teil unseres Spezial zu Lederschuhen tappte unser Gastautor Andreas Zwingmann (#kleiner_onkel) erst ein wenig im Dunklen, bevor er schaffte ein wenig Informationen von dem scheinbar kontaktscheuen Footwear Label namens Wild Bunch einzuholen. Ein unnahbarer Haufen mit Schuhmodellen, die wir euch einfach vorstellen mussten. Und um ganz ehrlich zu sein, kannte ich die Schuhe und die Marke vorher nicht und Andreas brachte sie dann erst für unsere gemeinsame Themenreihe auf die Liste.
Vielen Dank an Andi für seine Ausdauer, investigative Ader und seinen Artikel zu Wild Bunch Styles. Viel Spaß damit!
von Andreas Zwingmann
Hochzeit, Urlaub, Auswärtsfahrt, Weltherrschaft – planen lässt sich ja so ziemlich alles. Was aber, wenn du einen Artikel schreiben willst über jemanden, über den du absolut nix in Erfahrung bringen kannst? So einen Fall hätten wir dann hier mal vorliegen: Wild Bunch. Eine junge britische Schuhmarke, die komplett auf alles pfeift, was man so gemeinhin als PR versteht: Es gibt keine Anzeigen, Collabos, Facebook-Kampagnen oder ähnliches. Alles, was diese Marke hat, ist ein Instagram-Account, aber auch da werden Anfragen und sonstige Versuche der Kontaktaufnahme erst mal gepflegt ignoriert. Was also tun? Die ganze Sache abblasen, die Typen hinter der Marke als arrogante Fatzkes abtun und den Plan, sie an dieser Stelle vorzustellen, in die Tonne treten?
Nö. Geheult wird leise – und außerdem sind die Schuhe von Wild Bunch zumindest für mich so unfassbare Brecher, dass man sie einfach nicht totschweigen kann. Daher also erstmal die wenigen dürftigen Fakten, um hier wenigstens eine Art Werdegang der Marke zu entwerfen: Ende 2015, Anfang 2016 tauchten im Netz die ersten Bilder von zwei Modell-Samples auf. Ein ockerfarbener ohne und ein dunkelbrauner Oxford-Schuh mit aufgeworfener Naht auf dem Fußrücken. Beide aus – sofern sich das ausmachen ließ – feinstem Wildleder in sauberen Erdtönen. Ausgestattet mit fetten rope laces und hellen Kontrastnähten saßen beide Modelle auf dicken Crepesohlen, die wiederum mit Obermaterial und Zwischensohle doppelt vernäht waren. Das sah schon mal verdammt stabil aus. Im Schuhinneren glänzten in goldenen Lettern die Worte „The Wild Bunch“. Der Greifreflex war umgehend geweckt…
… doch zunächst hieß es erst mal, geduldig zu warten. Denn wo, wann und wie die Schlappen zu kriegen waren, blieb komplett offen. Gut Ding will ja Weile haben. Konkreter wurde es dann erst irgendwann im Laufe des Jahres 2016. Einer der ersten, bei dem die Modelle von Wild Bunch offiziell zu bekommen waren, war Alex Otterwell aus Manchester, den wir euch bei Sapeur OSB an anderer Stelle schon mal vorgestellt haben und der zusammen mit seiner Frau Rachel den famosen „Object“-Store betreibt. Und wer Alex kennt, weiß, dass er ausschließlich auf Qualitätsprodukte setzt. Wenigstens online konnte man die Schuhe da also schon mal näher begutachten, denn der Preis war mit gut 140 britischen Pfund für ein Paar dermaßen geiler Lederschuhe zwar okay, aber erstens konnte einem niemand genau sagen, wie die letztlich größentechnisch ausfallen und zweitens hätten sich die ohnehin schon horrenden Portokosten bei einer Rücksendung nochmal verdoppelt. Also hieß es weiter warten…
So peu à peu kamen dann auch andere Läden dazu, in denen es diese Schuhe zu kriegen gab, darunter Present London, Peggs&son und inzwischen auch End. Ich hab schließlich im mittlerweile leider schon wieder geschlossenen Kinoko-Store zugeschlagen … und es nicht bereut. Der dunkelbraune Seam-Shoe mit der dicken Mittelnaht musste es sein, denn dieses Konstruktionsprinzip fand ich schon beim Desert Trek von Clarks immer sehr geil. Und wo auch immer man bei dem Paar hinschaut – die Qualität ist überragend: Vom butterweichen Lining aus Schweinsleder über die metallenen Ösen (von denen eine besonders große auch den Schuhkarton ziert) bis hin zu den Nähten hat hier jemand auf astreine Herstellung Wert gelegt. Wie der Aufdruck auf der Innensohle betont, sind die Schuhe von Wild Bunch auch „Made in Spain“, also wird auch hier wohl darauf geachtet, dass die Schuhe nicht irgendwo in Fernost schnell zusammengeleimt werden.
Die Modellpalette von Wild Bunch hat sich inzwischen etwas erweitert, neben Versionen in Glattleder gehören dazu auch Boots wie der MST6, der sich von den Halbschuhen aber eigentlich nur durch den höheren Schaft unterscheidet. In Kürze kommt wohl noch ein Moc-Toe dazu, der auch so einiges verspricht. Am Fuß machen sich die Teile auf jeden Fall schon mal ganz hervorragend, fallen true-to-size aus und wer einen hochwertigen Casual-Schuh sucht, der sowohl beim Marsch zum Stadion als auch über die Büroflure für ein stilsicheres Auftreten sorgt, der sollte die Modelle von Wild Bunch ruhig mal in die engere Wahl einbeziehen.
Zum Abschluss noch ein kleiner Fun Fact, über den ich bei der Recherche für diesen Text gestolpert bin: Es könnte sein, dass der Name des Schuhlabels auch eine Referenz an das Soundsystem und Musikerkollektiv „The Wild Bunch“ aus Bristol ist, mit dem auch Tricky und die späteren Mitglieder von Massive Attack zusammengearbeitet haben und das als Vorreiter des Trip Hop gilt. Ob das stimmt, hätte ich gerne die Leute von Wild Bunch selbst gefragt, aber die geben sich ja eher zugeknöpft und lassen lieber Bilder und Schuhe für sich sprechen…
Wild Bunch Instagram