In der Welt der Ultras besitzt die Fankurve von Atalanta Bergamo einen besonderen Stellenwert. Als Vorreiter für Mentalität und Konsequenz hat sie bis heute etwas Mythisches. Diejenigen, die in Bergamo und Umgebung aufgewachsen sind, kommen früher oder später in der „Curva Nord“ zusammen, um zum „Wächter eines Glaubens“ zu werden.
Diesen Weg ging auch der Regisseur Andrea Zambelli, und sein Hauptprotagonist Claudio „Bocia“ Galimberti, der heute Steuermann auf einem Fischerboot in der Adria ist. „Bocia“ war sein ganzes Leben lang Mitglied der Ultras aus Bergamo, Teil des harten Kerns – eine der angesehensten und gefürchtetsten Gruppen in Italien und Europa. Seine absolute Hingabe für die Stadt und den Verein machten ihn seit 2000 zum unangefochtenen Anführer der Curva Nord.
„A guardia di una fede“ zeichnet die letzten zwei Jahrzehnte von Claudio Galimbertis Leben nach, eine Zeit, in der die italienische Gesellschaft rasante und tiefgreifenden Entwicklungen durchgemacht hat: Die gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei in den 1990er Jahren, dem Wandel der Kurve hin zum Klebstoff von Stadt und seinen Bewohnenden und den Strudel der Repressionen, die zu zahlreichen Prozessen und zu Bocias Exil führten. Darüber hinaus beschreibt Zambelli auch den Prozess, durch den der Fußball von einem ‚Sport für alle‘ zum globalen Geschäft wurde, bis die Tribünen durch die Covid-Pandemie schließlich leer blieben.
In meiner Zeit mit Bergamo waren die Momente, in denen Bocia als Vorsänger aktiv war, äußerst selten. Die örtliche Polizeibehörde, die Questura, hat es sich zur Aufgabe gemacht, ihn gezielt von den Spielen fernzuhalten. Dies geschah durch verschiedene Maßnahmen: ein langjähriges Daspo (Stadionverbot), die Verpflichtung, sich an Spieltagen dreimal bei der Questura zu melden, einem Hausarrest, das Verbot, in der Region Bergamo zu leben, oder die Auflage, die Region nicht verlassen zu dürfen. Es ist kaum vorstellbar, was all das mit einem Mann macht. Ein Märtyrertum.
Bocia ist jemand der für seinen Verein und seine Stadt brennt. Wo er nur kann, steht er für beides ein. Früher in der Kurve, auf der Straße, bei landesweiten Demonstrationen und natürlich auch früher beim Festa della Dea, bei dem er maßgeblich an der Organisation und Durchführung beteiligt war.
Fotos und Videos vermitteln nur einen vagen Eindruck davon, wie sehr die Ultras aus Bergamo bereit sind, eine Woche lang alles zu geben, um der Region das vielleicht größte „Volksfest“ zu schenken. Dabei wurden nicht nur ehemalige Spieler und Vereinsvertreter eingeladen, sondern auch verfeindete Fangruppen zu einer Podiumsdiskussion. Beeindruckende und emotionale Gespräche fanden beispielsweise mit dem Vater von Gabriele Sandri sowie Vertretern der verfeindeten Ultras von Brescia oder den Ultras aus Napoli statt.
„A guardia di una Fede“ portraitiert Claudio „Bocia“ Galimbertis Leben, als unerbittlichen Kämpfer für seine Sache, seine Ideale, seinen Verein und seine Stadt, dem durch seine Hingabe, die wohl wichtigste Sache genommen wurde, seine Freiheit.
Claudio Libero!
A Guardia di una Fede
Regie: Andrea Zambelli
Produzenten: Andrea Zanoli und Davide Ferrario
Kinostart: Oktober 2024
Sprache: Italienisch
Untertitel: Deutsch
Laufzeit: 102 Minuten
Präsentiert von Rotzfrech Cinema & Erlebnis Fussball
Erlebnis Fussball und Rotzfrech Cinema gehen zusammen mit Andrea Zambelli (Regisseur) und Andrea Zanoli (Produzenten) und ihrem Film auf Tour. Nach jedem Screening wird es die Möglichkeit geben miteinander zu diskutieren und ins Gespräch zu kommen. Hier findet ihr alle Termine:
10.10. Frankfurt am Main | CineStar (Mainzer Landstraße) | 19:00 Einlass | 20:00 Beginn
11.10. München | Monopol Kino | 20:00 (2 Vorstellungen) & 22:00 (1 Vorstellung)
12.10. Düsseldorf | Bambi Kino | 21:00 (2 Vorstellungen)
13.10. Gelsenkirchen | Schauburg Filmpalast | 19:00 Einlass | 19:30 Beginn
14.10. Leipzig | UT Connewitz | 19:00 Einlass | 19:30 Beginn
15.10. Hamburg | Zeise Kinos | 18:30 Einlass | 19:15 Beginn
16.10. Magdeburg | OLi-Kino | 19:00 Einlass | 19:30 Beginn
17.10. Berlin | Babylon | 20:00
Die Tour ist nur der Anfang. Es ist geplant den Film noch in verschiedenen Orten, Kinos und vor vielen netten Leuten auf die Leinwand bringen. Ihr habt Lust darauf, wollt den Film zeigen, ihn unbedingt sehen oder einfach die Macher supporten, dann meldet euch gern bei Erlebnis Fussball und Rotzfrech Cinema.