von vilbelmaggus

Bonjour les amis,

heute wollen wir dem französischen „entfant terrible“ Eric Cantona ein paar Zeilen widmen, welches nicht nur dem geneigten Fußballfan in Erinnerung geblieben sein dürfte. Geboren wurde Eric Cantona am 24.05.1966 in der französischen Hafenstadt Marseille mit sardischen (väterlicher Seite) und katalonischen (mütterliche Seite) Wurzeln. Ganz besonders interessant erscheint dabei der Fakt, dass seine Mutter im Widerstand gegen den spanischen Diktator für die Menschen in Katalonien gekämpft hat. Ein Umstand, welcher in Zeit des katalonischen Referendums zumindest ein wenig aus seiner Vita hervorsticht.

Der Grundstein für seine fußballerische Karriere wurde allerdings nicht in Marseille gelegt, sondern in der mittelfranzösischen Kleinstadt Auxerre. Der AJ Auxerre war dabei nicht irgendein Verein, sondern wurde über 40 Jahre von der französischen Trainerlegende Guy Roux geprägt. In Deutschland wurde dieser Verein durch seine beiden packenden Duelle (1992/93 & 1996/97) mit Borussia Dortmund im europäischen Wettbewerb bekannt. Zu diesem Zeitpunkt befand sich Eric Cantona allerdings bereits auf der Insel und schnürte seine Stiefel für die Mannschaft von Manchester United. In Frankreich selber war er vor seiner Zeit bei United noch für die südfranzösischen Vereine FC Martigues, Olympique Marseille, HSC Montpellier und Nimes Olympique am Ball.

In England startet seine Karriere im Frühjahr 1992 bei dem damals zweitklassigen Verein Leeds United, welcher sicherlich selber auch mal ein Artikel wert wäre. Auch dank der Künste von Eric Cantona gelang bereits einige Monate später der Aufstieg in die Premier League. Der sportlichen Leitung von Manchester United entging das Talent des französischen Stürmer in Reihen von Leeds United nicht und so wechselte Eric Cantona bereits im Herbst des gleichen Jahres nach Manchester. Ein Wechsel, welcher der Grundstein für eine Karriere als Superstar sein sollte. In seiner aktiven Zeit bei Manchester United avancierte „King Eric“ nicht nur zum Publikumsliebling, sondern konnte dabei auch vier Meisterschaften, zwei FA-Cup-Finale und vier Charity-Shield-Finale gewinnen. Der Gewinn eines europäischen Wettbewerbes blieb Eric Cantona allerdings verwehrt.

„Ich fühle mich eng verbunden mit der Aufsässigkeit und der Kraft der Jugend hier. Vielleicht wird die Zeit uns auseinanderbringen, aber niemand kann bestreiten, dass es hier, hinter den Fenstern von Manchester, eine geradezu irrsinnige Liebe für Fußball, Parties und Musik gibt.“

Eric Cantona über seine Verbundenheit zu Manchester

In dieser Epoche des europäischen Vereinsfußballs dominierte jeodch weniger die Premier League, sondern die italienische Seria A. Auch für sein Heimatland Frankreich bestritt Eric Cantona insgesamt 45 Länderspiele und markierte dabei 20 Tore. Sein Pech war dabei allerdings, dass die französische Nationalmannschaft zu seiner Zeit nicht besonders erfolgreich gewesen ist und in der Phase der Wiederauferstehung der L`Équipe Tricolore seine Dienste aufgrund von Skandalen und Zerwürfnissen nicht mehr gefragt waren. Besonders in Erinnerung (1995) bleibt dabei sein legendärer Kung-Fu-Tritt gegen einen Fan von Crystal Palace, welcher ihn nach seinem Feldverweis rassistisch Beleidigt hatte. Als Folge dieses Kung-Fu-Trittes wurde Eric Cantona für ein halbes Jahr von der Football Association gesperrt.

„King Eric“ hatte dann noch eine Pressekonferenz einberufen auf der er zu dem Vorfall stellungnehmen und sich rechtfertigen wollte. Der Saal war prallgefüllt und Medienvertreter aus aller Welt waren anwesend und erlebten denkwürdiges. Er trat vor die Presse und verlautete folgenden Satz „Die Möwen folgen dem Fischkutter, weil sie glauben, daß die Sardinen wieder ins Wasser geworfen werden.“ Sagte es, ging schnurstracks aus dem Raum und ließ die Presse mit fragenden Blicken zurück. Was er mit diesen Satz meinte, weiß bis heute niemand. Das ist aber auch ganz egal, denn ein Eric Cantona muss sich niemanden und nichts erklären. Er ist König.

Viele Jahre nach seiner aktiven Karriere wurde Eric Cantona auf diese Kung Fu-Kick Szene in einem Interview angesprochen und ob er heute denkt, dass dieser Sprung ein Fehler gewesen sei. Eric Cantona räumte darauf tatsächlich ein, dass dieser Tritt ein Fehler gewesen sei, allerdings nur weil der Tritt nicht hart genug gewesen ist. Irgendwie auch heute noch sympathisch, dass er dazu steht und es nicht weichgespült und politisch korrekt als Fehler deklariert. Seine fußballerische Karriere beendete Eric Cantona völlig überraschend mit 31 Jahren. Nicht wenige französische Experten und Fans hatten zu diesem Zeitpunkt insgeheim die Hoffnung, dass die WM 1998 in Frankreich mit Eric Cantona stattfinden würde. Heute wissen wir, dass die L’Équipe auch ohne ihm nach den Sternen des Fußballhimmels greifen konnte.

„Das habe ich mir nicht im Voraus ausgedacht. In einem Spiel war es mal ziemlich kalt und mein Kragen blieb zufällig hochgestellt. Wir haben das Spiel gewonnen und dann habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, mit hochgestelltem Kragen zu spielen.“

King Eric zu seinem Markenzeichen

Eric Cantona hingegen schlug eine ganz andere Richtung ein und begann in Frankreich eine Karriere als Schauspieler. In der Zwischenzeit bringt es Cantona auch auf eine ansehnliche Anzahl von Filmen. Vielleicht noch wichtiger als die Filme dürfte dabei die Begegnung mit der attraktiven französischen Schauspielerin Rachida Brakni sein, welche mittlerweile seine Frau geworden ist. Eine politische Karriere schlug Eric Cantona zwar bis heute nicht ein, allerdings ist sein Engagement zugunsten von Flüchtlingen hinterlegt und auch seine Teilnahme an einer Protestaktion gegen Banken.

Ein sport-politische Filmarbeit von Eric Cantona ist der Film „Les Rebelles du Foot“, den wir euch im Juni 2014 vorgestellt haben. Für mich ein kleines Meisterwerk. Der deutsche Titel „Rebellen am Ball“ ist eine von Cantona moderierte Welt- und Zeitreise über die Sportler, die politische Courage zeigten. Der Film startet mit der von Cantona gestellten Frage „Was weißt du über Fußball?“. Nach kurzen Überlegen antwortet er selbst „…man kennt die Champions League, die Transfersummen, Pfiffe von den Tribünen, die Gewalt, das Geschäft“. Aber es geht bei dem Film um mehr. Eric will über die wahren Werte sprechen, von Männern mit Profil und seinem Fußball. Dem Fußball, den er gespielt und geliebt hat. Über Solidarität, Brüderlichkeit und Freiheit. Über Rebellen am Ball.

Ganz ohne Fußball geht es bei Eric Cantona allerdings auch nicht. Der Aufbau und die Etablierung des professionellen Beachsoccer in Frankreich ist auch sein Werk. Als Spielertrainer konnte er einige Erfolge feiern, u.a. der Sieg bei Beach-Soccer-WM 2005. Allerdings blieb sein Wirken auch dort nicht ohne Anekdoten. So geriet Eric Cantona 2009 mit dem Beach-Soccer-Trainer der Schweiz, Jörg Stiel (ehem. Torwart von M´gladbach) aneinander, weil dieser angeblich Spieler der französischen Nationalmannschaft wegen ihrer Hautfarbe beleidigte und wie wir nun bereits seit 1995 wissen, reagiert Cantona auf rassistische Äußerungen eher ungehalten. Später sollte ihn sein Weg noch zu New York Cosmos als Sportdirektor führen. Die Recherchen haben aber ergeben, dass dieses Engagement kein Bestand mehr hat. Ob Eric Cantona einen besonderen Bezug zum Casual-Stil pflegt ist auch nicht überliefert, aber hin und wieder soll man ihn schon mal im dezenten Stone Island-Pulli durch die südfranzösische Region schwadronieren sehen.

Eric Cantona, nicht nur in Frankreich und Manchester eine Legende! Ein Typ Fußballer, welcher es damals schon nicht einfach hätte und heute von der Maschinerie der Gleichschaltung im Fußball schlicht keine echte Chance hätte. Ein Jogi Löw würde wohl lieber elf angeschlagene Mario Götze aufstellen als einen topfitten Eric Cantona.

„Ich will keine Inschrift auf meinem Grabstein. Ich möchte ein etwas rätselhaftes Bild hinterlassen.“