Kommen wir heute endlich bei uns auf einen Autor zu sprechen, dessen Werke einen tiefen Einfluss auf die Pop- und Subkultur haben.
Irvine Welsh, geboren am 27. September 1958 in Edinburgh, ist ein schottischer Schriftsteller und Drehbuchautor, der vor allem für seinen Debütroman *Trainspotting* bekannt ist. Seine Werke sind geprägt von einer direkten, rohen und oftmals provokanten Darstellung der Arbeiterklasse, dem Drogenkonsum und der Subkultur Schottlands. Mit seinem literarischen Stil hat Welsh einen entscheidenden Beitrag zur modernen Literatur und zur Darstellung urbaner Subkulturen in den 1990er Jahren geleistet.
Welsh wuchs in Leith, einem Hafenviertel von Edinburgh, auf, einer Gegend, die einen erheblichen Einfluss auf sein Schreiben haben sollte. Er besuchte die Ainslie Park High School, brach sie aber frühzeitig ab, um verschiedene Gelegenheitsjobs auszuüben. In den 1970er Jahren zog Welsh nach London, wo er in der Punkszene der Hauptstadt aktiv wurde. Es war eine Zeit der gesellschaftlichen Umbrüche und sozialen Spannungen, die Welsh tief beeinflusste. Nachdem er in den frühen 80er Jahren eine Phase intensiven Drogenkonsums durchlebt hatte, kehrte er nach Edinburgh zurück, wo er sein literarisches Talent entdeckte und zu schreiben begann.
Welshs erster und bekanntester Roman, *Trainspotting*, ist eine düstere und zugleich humorvolle Darstellung des Lebens heroinabhängiger junger Menschen im Edinburgh der 1980er Jahre. Der Roman ist in einer Reihe von miteinander verbundenen Kurzgeschichten verfasst, die aus der Perspektive verschiedener Charaktere erzählt werden. Welsh verwendet den schottischen Dialekt, was den authentischen und harten Ton des Buches unterstreicht. Die Charaktere wie Mark Renton, Spud und Sick Boy sind in der heutigen Subkultur fest verankert. „Trainspotting“ wurde 1996 erfolgreich von Danny Boyle verfilmt, was dem Buch und seinem Autor internationalen Ruhm einbrachte. Ich denke jeder von euch hat noch den legendären „Choose Life“ Monolog von Mark „Rent-boy“ Renton, gespielt von Ewan MacGregor, im Kopf.
Nach dem Erfolg von „Trainspotting“veröffentlichte Welsh im Jahr 1994 „The Acid House“, eine Sammlung von Kurzgeschichten, die erneut die düstere Seite des urbanen Lebens in Edinburgh beleuchten. Die Geschichten sind eine Mischung aus realistischen Darstellungen und surrealistischen Elementen. Dieses Buch zeigt Welshs Fähigkeit, über soziale und psychische Abgründe zu schreiben, ohne den Sinn für schwarze Komik zu verlieren.
Im Jahr 1995 folgre „Marabour Stork Nightmares“. Dieser Roman hebt sich durch seine komplexe Erzählstruktur ab, da die Geschichte aus der Perspektive des komatösen Protagonisten Roy Strang erzählt wird. Der Roman vermischt Realität und Fantasie und setzt sich mit Themen wie Männlichkeit, Gewalt und sozialer Entfremdung auseinander. Man sagt, dass es eins von Welshs experimentelleren Werken ist, in dem er seinen unverwechselbaren Schreibstil weiterentwickelt. Ich kenne es nicht, um ehrlich zu sein.
„Filth” folgt dem korrupten, psychisch gestörten Polizisten Bruce Robertson. Der Roman ist ein krasser und expliziter Einblick in die Gedankenwelt seines Protagonisten, geprägt von Rassismus, Misogynie und Gewalt. Die Darstellung des moralischen Verfalls und der inneren Dämonen von Robertson ist verstörend und faszinierend zugleich. Das Buch aus dem Jahr 1998 wurde 2013 mit James McAvoy in der Hauptrolle verfilmt, was Welshs Ruf als Chronist der dunklen Seiten des menschlichen Geistes weiter festigte. Der Buch und der Film sind ein richtiger fieser Trip.
2002 folgt dann die Fortsetzung von Trainspotting. „Porno setzt zehn Jahre nach den Ereignissen des ersten Buches an. Hier treffen die Leser wieder auf bekannte Charaktere wie Renton, Sick Boy und Begbie. Die Geschichte dreht sich um Sick Boys Versuch, in der Pornoindustrie Fuß zu fassen, während sich die Figuren mit den Konsequenzen ihrer Vergangenheit auseinandersetzen. *Porno* untersucht die Themen Freundschaft, Verrat und die Schwierigkeit, sich von alten Lebensweisen zu lösen.
In „Skagboys“ erzählt Welsh wiederum die Vorgeschichte zu Trainspotting. Der Roman zeigt den allmählichen Abstieg der Hauptfiguren in die Drogensucht und bietet einen detaillierten Einblick in die soziale und politische Lage im Großbritannien der 1980er Jahre. Dieses Buch ergänzt die Trainspotting-Trilogie und stellt die Entwicklung der Charaktere in einen breiteren gesellschaftlichen Kontext.
Welshs Schreibstil zeichnet sich durch seinen unverblümten, harten Realismus aus. Seine Charaktere sprechen in schottischem Slang und sind oftmals Teil der verarmten Arbeiterklasse. Diese Authentizität, kombiniert mit einer direkten und oft schockierenden Darstellung von Drogenkonsum, Gewalt und sexueller Destruktivität, gibt seinen Büchern einen einzigartigen Ton. Welsh zögert nicht, die dunkleren Aspekte des Lebens zu beleuchten, und schafft dabei eine gewisse Balance durch seine ironische, oft makabre Art des Humors.
Seine Geschichten thematisieren oft soziale Probleme wie Drogenabhängigkeit, Kriminalität, Identitätskrisen und die Verlorenheit der Arbeiterklasse in einer sich wandelnden Gesellschaft. Gleichzeitig reflektieren seine Werke den kulturellen und politischen Wandel in Schottland und Großbritannien, insbesondere in Bezug auf Thatcherismus und den Niedergang der traditionellen Industriezweige.
In seinen Werken hat Welsh auch immer wieder seine Hassliebe zur schottischen Heimat einfließen lassen. Das vielleicht berühmteste Zitat stammt von Renton aus dem Buch und Film „Trainspotting“.
“It’s SHITE being Scottish! We’re the lowest of the low. The scum of the fucking Earth! The most wretched, miserable, servile, pathetic trash that was ever shat into civilization. Some hate the English. I don’t. They’re just wankers. We, on the other hand, are COLONIZED by wankers…“
Oder auch aus dem Buch und Film „Filth“.
„Schottland. Dieses Land hat der Welt das Fernsehen, die Dampfmaschine, Golf, Whiskey, Penicillin und natürlich den frittierten Mars-Riegel gebracht. Es ist toll, Schotte zu sein. Wir sind eine so einmalig erfolgreiche Ethnie.“
Es ist also kein Wunder, dass er sehr enttäuscht, darüber war, das die Schotten sich gegen die Unabhängigkeit entschieden haben. In Interviews spricht er immer wieder davon, dass das in seinen Augen ein Desaster war.
Irvine Welsh hat sich einen festen Platz in der modernen Literatur und der Popkultur gesichert. Besonders „Trainspotting“ gilt als Kultroman und spiegelt die Desillusionierung und die Suche nach Identität einer ganzen Generation wider. Der Einfluss des Buches und des darauf basierenden Films erstreckt sich über die Literatur hinaus auf die Musik- und Modewelt. Die Darstellung der Subkultur in seinen Büchern – von Punks bis Rave – hat dazu beigetragen, die Stimmen der Jugend und der Randgruppen zu verstärken.
Die Darstellung von Drogenkonsum, sexueller Promiskuität und sozialer Abgründe hat dem Autor einerseits Kritik eingebracht, andererseits aber auch Respekt und Bewunderung für seine kompromisslose Ehrlichkeit. Er gilt als einer der wenigen Autoren, die das Leben der urbanen Arbeiterklasse ohne Glorifizierung oder Moralisierung darstellen.
Durch seine Darstellung der urbanen Subkultur, vor allem der Drogenkultur, und der Exploration sozialer Themen hat Welsh eine Generation geprägt und einen entscheidenden Beitrag zur Literatur des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts geleistet. Ob man es nun mag oder nicht.