„Friday Night, Saturday Morning“ von The Specials beschreibt die aufregendste Zeit eines Wochenendes. Die Uni oder die Arbeit ist abgehakt und wir bereiten uns auf das erste Feierabendbier oder den wohlverdienten Ebbelwoi vor. Versenden ein paar Anfragen an die üblichen Verdächtigen, um zu schauen wer denn heute Abend Zeit und Lust hat, mit um die Häuser zu ziehen. Geht ein Rave, spielt eine Band oder zieht man im Viertel von Kneipe zu Kneipe? Bevor es aber für euch heute endlich so weit ist, all diese „Aufgaben“ anzugehen, gibt es eine neue Runde unseres Frage-Antwort-Spiels. 

Mit professor ist heute einer unserer Casual Madness Podcast-Gesprächspartner von der Doppelepisode „F*****g German dress like us“ bei uns zu Gast. Auch er war in einer sehr exponierten Rolle in seiner Heimszene und überregional tätig. Die älteren Herrschaften werden bestimmt noch den guten Mann kennen. Darum geht es heute aber nicht, denn prof steht für einen ausgezeichneten Stil, so pflegt er u.a. den Erdkundelehrer-Look in Perfektion und ist auch vielleicht so etwas wie der „Godfather of Ortho Shoe Gang“ 😎 Die Liebhaber von Mephisto Rainbow und Finn Comfort wissen Bescheid. 

Ich denke wir haben euch durch unsere junge Rubrik „The Favorites by..“ bereits interessante Persönlichkeiten vorgestellt, die entweder etwas erlebt und zu erzählen haben oder durch ihre Liebe zur Casual Culture weitergehen als nur etwas in Instagram zu posten. Mit professor dürfen wir euch heute einen weiteren Wunschteilnehmer vorstellen, der unterstreicht, dass es nicht nur eine „Weekkend Love Affair“ ist, sondern dass man diesen Stil bis ins letzte Detail perfektionieren kann und vor allem das ganze Fußball-Ding verinnerlicht. 

Jetzt aber genug der einleitenden Worte. Holt euch schnell ein Feierabendbier aus dem Kühlschrank oder macht euch einen heißen Apfelwein. Viel Spaß mit The Favorites by professor!

Dein Vorname

Als professor treibe ich mich seit mehr als zwanzig Jahren in diversen Internetforen, die sich mit Kleidung beschäftigen, herum. Den Namen bekam ich mit 15 verpasst, als ich in einem Klamottenladen, den einige ältere Herren aus unserer Szene betrieben, neugierig herumgefragt habe.

Welches „Baujahr“ steht in deinem Ausweis?

Anfang der 80er.

Dein Verein

Hannover 96

Wie bist du mit der Casual Culture in Kontakt gekommen?

Als ich 1994 angefangen habe, zu 96 zu gehen, war Fußball nicht besonders angesagt, im Niedersachsenstadion verlor sich meist nur eine mittlere vierstellige Anzahl, besonders auffällig waren erst einmal die Kutten, so sahen auch in meiner Vorstellung Fußballfans aus. Allerdings fand ich recht schnell heraus, dass es auch noch andere Typen gab, die immer da, aber deutlich besser angezogen waren. Ich hatte damals zwar keine Ahnung, was genau die Herren trugen, fand Stil und Auftreten aber interessant. Nach und nach wuchs ich in die Szene rein und lernte alles, was dazugehörte, kennen. Natürlich passte ich mich auch dem vorherrschenden Dresscode an, trug also Ben Sherman, Fred Perry, Blue System, M65 Field Jackets und New Balance sowie ab und zu Reebok. Adidas spielte zu der Zeit nur eine untergeordnete Rolle.

Der Austausch mit anderen Klamottenfreaks, erst nur in Hannover und im weiteren Verlauf, das Internet trat seinen Siegeszug an, auch deutschland- bzw. europaweit ließ mich immer neue Sachen entdecken und spannend finden. Zudem waren Touren nach Großbritannien prägend, da die dortigen Läden einfach deutlich besser aufgestellt waren (bzw. sind) und viele zu der Zeit nicht nach Deutschland versendeten. Es ging und geht mir, neben etlichen anderen bei uns, immer darum, nicht nur gut gekleidet zu sein, sondern Sachen zu haben, die andere nicht besitzen. Dieser Grundgedanke nährte auch die Motivation, sich stundenlang durch die Ebay-Angebote zu wühlen, besonders rare Modelle von Adidas gab es dort zu entdecken und mit Glück auch in der richtigen Größe zu erstehen. In Geschäften waren die City Series, Trimm Trabs, usw. usf. nicht zu kaufen, bei dem heutigen Überangebot kann man sich das kaum vorstellen, aber Adidas hatte das Interesse daran Ende der 90er/ Anfang der 2000er nicht wirklich auf dem Schirm, geändert hat sich das eigentlich erst vor gut 10 Jahren.

Das mittlerweile umfangreiche Angebot und die offensichtlichen Qualitätsprobleme haben wiederum dazu geführt, dass mein Interesse ziemlich stark nachgelassen hat; zu Hochzeiten standen mal 90 Paare von Adidas (und fast nichts anderes) in meinem Schuhregal, aktuell sind es noch sechs.

Im Laufe der Jahre hat sich der Fokus also immer mal wieder verschoben, manche Marken wurden uninteressant, andere kamen hinzu, geblieben ist aber das Interesse daran, sich gut zu kleiden.

Wie würdest du deinen eigenen Stil beschreiben?

Eine Konstante in den letzten mehr als 20 Jahren ist, dass ich die Kombination von Hemd und Pullover gut finde, die bevorzugten Marken haben sich teilweise geändert, aber die optische Grundausrichtung ist geblieben; alternativ sind auch Hemd und Overshirt zusammen stimmig. Darüber gehört dann eine vernünftige Jacke, gerne im Parkastil und/ oder aus Gore-Tex. An die Beine kommt bevorzugt Selvedge Denim, aber auch immer mal Chinos oder Cordhosen, dazu dann farbenfrohe Socken.

Turnschuhe mag ich sehr, trage ob der Verbreitung beim Fußball häufig aber auch Schnürschuhe.

Die folgenden Fotos veranschaulichen und konkretisieren die Beschreibung zudem:

Bist du bei den Spielen deines Vereins immer in der Kurve anzutreffen?

Ich hätte weiterhin Bock, alle Spiele zu sehen, habe das sogar mal mehr als elf Jahre am Stück geschafft, bin nun aber Vater einer kleinen Tochter und freue mich daher, wenn ich in den nächsten Jahren neben den Heimspielen zumindest die Hälfte der Auswärtsspiele besuchen kann. In der Kurve, in der ich aufgewachsen bin, bin ich aus verschiedenen Gründen nicht mehr so aktiv, wie ich es mal war, interessiere mich aber weiterhin für alle relevanten Themen.

Dein Lieblingsstadion? (neben deinem Club)

Dass ich das Ruhrstadion und seine Umgebung sehr schätze, wird vermutlich keine Minderheitenmeinung sein, grundsätzlich finde ich aber viele Stadien gut und bin nur von denen, die außerhalb der Stadt auf der grünen Wiese stehen, richtig genervt.

Wie sieht dein typischer Ablauf am Spieltag aus?

Der Ablauf variiert, eine Konstante ist aber logischerweise das Abhängen mit Kumpels, hier ein Schwätzchen, da ein Schwätzchen; sich über irgendetwas aufzuregen, spätestens nach dem Spiel, gehört ohnehin dazu. Außerdem ist es immer wieder spannend zu sehen, wer was anhat.

Dein bevorzugtes Bier?

Ich bin kein großer Bier- bzw. Alkoholtrinker, muss also auch im Stadion nicht immer eins in der Hand haben, auch wenn das ab und zu natürlich ganz nett ist; es kommt aber durchaus vor, dass Bier so lange in meinem Kühlschrank liegt, bis das Ablaufdatum deutlich überschritten wurde und ich es wegkippen muss.

Grundsätzlich finde ich einige der craft beer-Varianten der hannöverschen Mashsee Brauerei ziemlich gut und freue mich zudem bei jedem Besuch in Großbritannien über unterschiedliche handgepumpte Real Ales.

Welche ist deine Lieblingsjacke? (In deinem Besitz und dein Holy Grail)

Ich miste immer wieder mal aus, so dass ich sagen kann, dass ich alle meine Jacken mag, wenn ich mich aber für eine entscheiden müsste, wäre das ganz eindeutig die Barbour x Tokito Military Jacket.

Mir ist in der Bielefelder Fußgängerzone vor Jahren jemand entgegengekommen, der die trug und ich war direkt hin und weg. Die gab es auch tatsächlich in einem Laden dort; mit meinem studentischen Budget konnte ich die aber nicht einfach kaufen. Ich habe dann angefangen, Sachen zu veräußern und konnte sie einige Monate später (passend zu unserem Auswärtsspiel in Lüttich 2011) mit Rabatt erwerben. Nach dem Spiel hat mich die Kapuze auch direkt vor einer schlimmeren Verletzung bewahrt, weil mir jemand von hinten eine Flasche gegen den Kopf geworfen hat.

Es gibt zudem ganz bestimmt Jacken, die ich nie besessen habe, die mir dennoch gefallen würden, einen wirklichen holy grail habe ich aber nicht. 

Gibt es vielleicht eine besondere Errungenschaft, auf die du ganz besonders stolz bist?

Ich erfreue mich an schicker Kleidung, kann aber nicht sagen, dass dabei etwas extrem heraussticht. Ohnehin kommt es für mich immer auf den Gesamteindruck an, eine tolle Jacke nützt optisch wenig, wenn der Rest des Outfits nicht stimmig ist.

Welche Marken kicken dich aktuell am meisten?

Ich bin Fan von 6876 und habe einige der ikonischen Capandulas und Sonoras im Schrank, zudem schätze ich die Sweatshirts und Pullover von Merz b. Schwanen sehr und mag Hemden von Gitman Vintage. Auch finde ich Jacken von Engineered Garments richtig gut, ebenso sind die Parka von Battenwear ein treuer Begleiter. Das gilt außerdem für Gore-Tex- und Daunenjacken von Nanamica und einige Modelle aus der Tokito-Reihe von Barbour.

Wie sah dein letztes Matchday Outfit aus?

6876 Capandula, Portuguese Flannel Labura Jacket, Gitman Vintage Hemd, Beams+ Cord, Happy Socks, Mephisto Rainbow

Was sind deine Top3 Turnschuhe?

1 Nike Vortex (Reissues von 2011)
2 Nike Pegasus 83
3 New Balance 991

Da ich genauso häufig Schuhe trage, muss ich die Rangliste entsprechend erweitern.

1 Mephisto Rainbow/ Rainbow Mid
2 Finn Comfort Baden
3 Red Wing Moc Toe

Welche Bands und Künstler finden wir auf deiner Awaydays-Playlist?

Ich ziehe es in der Regel vor, mit den Jungs möglichst viel dummes Zeug zu erzählen, kann mich aber daran erinnern, für eine Auswärtsfahrt eine Auswahl sämtlicher Hits zusammengestellt zu haben, die sich mit der Polizei befassen. Inhaltliche Nachahmung ist unbedingt zu empfehlen.

Welche Film- und Serienempfehlung gibst du uns mit auf den Weg?

Ich habe gerade heute eine Doku in der Arte-Mediathek über den Aufstieg Katars (Gas und Spiele) gesehen, die ziemlich gut war. Auch schätze ich deren Dokureihe über verschiedene Diktaturen und deren Hintergründe, generell gucke ich gerne Geschichtliches/ Politisches. Wenn es (teil-)fiktional sein soll, finde ich u.a. Narcos ziemlich gut.

Buch und Kultur: Was sind hier deine Favoriten?

Als ich Fever Pitch von Nick Hornby mit 14 das erste Mal gelesen habe, hat es mich tierisch aufgeregt, dass der Protagonist, ein Fan von Arsenal, bewusst nicht zu bestimmten Spielen gefahren ist. Ich konnte das überhaupt nicht verstehen. Ich habe es später ein zweites Mal gelesen und urteile nun etwas milder, ein gutes Buch ist es aber auf jeden Fall, nur vielleicht nicht unbedingt für Leute, die wirklich zum Fußball gehen.

Das hingegen vermutlich beste Buch aus dem Fußballkontext, es wurde hier bereits erwähnt und ich kann es nur unterstreichen, ist Eine Saison mit Verona von Tim Parks. Das muss man gelesen haben!

Außerdem habe ich 1870/71. Die Geschichte des Deutsch-Französischen Krieges erzählt in Einzelschicksalen. von Tobias Arand, Die Schlafwandler. Wie Europa in den ersten Weltkrieg zog. von Christopher Clark und Sturmabteilung. Die Geschichte der SA. von Daniel Siemens sehr gerne gelesen.

Schon wegen der Kneipenszenen ist zudem Der goldene Handschuh von Heinz Strunk unbedingt zu empfehlen. Gut sind auch (neben weiteren Werken von ihm) Friedrich Schillers Wilhelm Tell oder Die Räuber.

Erich Maria Remarques Im Westen nichts NeuesDie Nacht von Lissabon und besonders an Der schwarze Obelisk kommt man auch nicht vorbei, wenn man Geschichte und Literatur mag.

Großen Dank an prof, dass du dich unseren Fragen gestellt hast. Vielleicht schaffen wir es ja doch mal, dass wir uns in Hannover, Frankfurt oder irgendwo dazwischen an einem Tresen zusammenfinden können. Cheers!