Gude!
Der Verfasser dieser Zeilen feiert bald seinen 40. Geburtstag und kann somit schon auf eine gewisse Zeit in den Kurven dieses Landes, aber auch im benachbarten Ausland zurückblicken. Der aktive Besuch dieser Kurven begann also in den 90er Jahren und auch diese Zeit hatte ihren Look. In den deutschen Stadien entwickelten sich die ersten größeren Ultrà-Gruppierungen und deren Mitglieder wollten sich natürlich auch modisch vom Fan mit Trikot oder Kutte unterscheiden. Relativ schnell kristallisierte sich dabei eine Kombination aus Sneakers, Bluejeans und Pullover heraus. Ich muss ehrlich gesagt passen, ob es eine besondere Bluejeans-Marke damals gegeben hat. Ich kann mich nicht erinnern, aber ich schätze bei vielen dürfte die klassische Levis hoch im Kurs gestanden haben. Bei den Sneakers ist es schon etwas konkreter gewesen und so konzentrierte sich alles auf Adidas Sambas und New Balance 574. Der Pullover (alternativ auch das T-Shirt oder der Zipper) hingegen war in der Mehrheit mit einem Diamanten-Logo versehen und es handelte sich um ein gutes Stück der Marke Umbro. Man kann wohl mit Fug und Recht behaupten, dass diese Kombination damals der Dresscode der Szene gewesen ist und sich zumindest im Kreise der gesetzteren Groundhopper bis heute einer gewissen Beliebtheit erfreut. Beliebteste Kleidungsstücke waren dabei die Pullover und Zipper, welche in viele verschiedenen Farben zu bekommen waren und sich somit alle gängigen Vereinsfarben vorfanden. Insgesamt kann man wohl sagen, dass die Klamotten eher von einfacher und schlichter Aufmachung gewesen sind. Auf den Zippern war das Logo von Umbro meistens im kleinen Format über dem Herzen angebracht. Die Pullover wiederum zeichnet sich durch ein großes Logo über die gesamte Frontseite aus. Ich selber hatte auch einen Zipper und einen Pullover. Der Zipper ist leider im Rahmen einer durchzechten Nacht auf der Strecke geblieben. Der Pullover sollte noch über Jahre zumindest daheim auf der Couch ein treuer Begleiter bleiben. In Erinnerung blieb mir über all die Jahre, dass ich das Teil eigentlich ganz gerne getragen habe und es auch bequem zu tragen war.
Die Fußballszene in Deutschland entwickelte sich allerdings über die Jahre auch in Sachen Dresscode weiter und irgendwann lösten andere Marken und Varianten von Pullovern und Zippern diesen Klassiker der Marke Umbro ab. Eine gewisse Faszination blieb allerdings in den Kreis der Fußballfans für diese Marke erhalten und nicht wenige haben bis heute immer noch die Hoffnung, dass ihr Herzensverein einmal von diesem Hersteller ausgerüstet wird.
Die Marke Umbro wurde 1920 von den Brüdern Harold und Wallace Humphreys in Wilmslow gegründet. Es handelt sich dabei um eine englische Kleinstadt in der Nähe von Manchester. Am Anfang firmierte das Unternehmen allerdings noch unter dem Namen Humphreys Brothers. Vier Jahre nach der Gründung wurde allerdings schon das Kunstwort Umbro daraus kreiert und eingeführt. Das Unternehmen widmete sich dabei von Anfang an der Herstellung von Sportbekleidung für Fußballer. Im Unterschied zu Deutschland wurde bereits in dieser Zeit in England professionell einem Ligabetrieb nachgegangen und viele der heutigen englischen Vereinsgrößen waren schon damals hoch im Kurs bei den Fans. Dieser Tatsache mag es letztlich auch geschuldet sein, dass die Marke Umbro und der englische Fußball eine bis heute sehr enge Beziehung haben. Die dunklen Zeiten des 2. Weltkrieges sollten auch vor Umbro keinen Halt machen und die Produktion wurde auf Uniformen umgestellt. Nach dem Krieg kehrt das Kerngeschäft wieder zurück in die Produktion. In den 50er Jahren erkannt die Firma das Potential darin für Fans ein Replik des Originaltrikots ihres Vereines anzubieten. Dies dürfte wohl der Start gewesen sein, dass sich die Fans bis heute die Trikots ihrer Vereine kaufen können. Besonders stolz ist das Unternehmen zudem, dass die brasilianische Nationalmannschaft 1958 in Schweden den WM-Titel erringen konnte und dabei in Umbro-Trikots spielte. Auch in den folgenden Jahrzehnten konnte Umbro noch einige Trends setzen und Vereine bei ihren sportlichen Erfolgen begleiten, u.a. den FC Everton in den 1970er Jahren. Einer der größten Erfolge der Marke war sicherlich das Jahr 1966. Umbro war der Ausrüster von 85% aller britischen Vereine und von allen teilnehmenden Mannschaften der Weltmeisterschaft 1966 in England. Nur Russland entschied sich wenige Tage vor Beginn der Weltmeisterschaft gegen die Marke und lief dann doch in eigenen Trikots auf.
Umbro verbindet eine besondere Vergangenheit zu zwei Sportartikelhersteller.
Nach einer Geschäftsreise nach Kanada im Jahr 1958 wurde Kontakt zur Marke aus Herzogenaurach hergestellt. Infolgedessen wurde Umbro zum alleinigen Importeur und Distributor der Schuhe von Adidas in Großbritannien. Diese Vereinbarung hatte einen großen Einfluss auf den finanziellen Erfolg beider Unternehmen. Umbro begann 1961 mit dem Verkauf von Adidas Produkten im Vereinigten Königreich und veränderte auf diese Weise das Spiel. Die Fußballer, die traditionell in stämmigen britischen Leder-Fußballschuhen spielten, gaben diese zugunsten der schlanken und leichteren Schuhe aus Deutschland auf. Der Vertrieb von Adidas Fußballschuhen (und –Kleidung) war für Umbro Anfang der 1970er Jahre zur größten Einnahmequelle geworden. Die Zusammenarbeit der beiden Weltmarken sollte erst 1986 enden, als Adidas in den Freizeitbekleidungsmarkt einstieg und es zunehmend Interessenkonflikte mit Umbro gab. Für uns üben nicht zuletzt die alten Umbro-Werbebilder mit dem Hinweis auf die Schuhe von Adidas einen besonderen Reiz aus.
Ein weiterer wichtiger Partner war Admiral, der im Jahr 1974 ein sehr großzügiges Angebot abgegeben hatten, um für Umbro als Trikothersteller zu arbeiten.
1985 wurde das Sortiment an Trikots, Trainingsanzügen, etc. durch den ersten eigenen Fußballschuh erweitert. Bemerkenswert ist dabei, dass dieser Schuh in Kooperation mit Adidas entstanden ist, welche das Schuhwerk (Sohle, Stollen) als die Basis lieferten. Der berühmteste Treffer in Umbro-Schuhen stellt wohl dabei der legendäre Freistoßtreffer von Roberto Carlos da, aber auch Ole Gunnar Solksjaer machte in Umbro-Schuhen für Manchester United den entscheidenden Treffer zum 2:1, im dramatischen Champions-League-Finale gegen Bayern-München. Ein weiterer Botschafter der Marke war Michael Owen, welcher als einer der besten Fußballer seinerzeit in Europa galt. Danach sollte es erst einmal sehr still um die Marke werden, wenn sie auch im englischen Fußball jederzeit präsent war und als Ausrüster der englischen Nationalmannschaft eine Institution. Bei der WM 2006 liefen nur noch zwei Teams in Umbro auf.
Im Oktober 2007 wurde Umbro vom Konkurrenten Nike übernommen, aber unter dem eigenen Namen weitergeführt. Umbro sollte allerdings nur einige Jahre Teil des Nike-Imperium sein und befindet sich seit 2013 in Besitz der amerikanischen Iconix-Groupe. Zum Portfolio der Iconix-Groupe zählen auch die Marken Cannon, Starter, Zoo York. Im Zuge des Weiterverkaufes verlor Umbro allerdings das Recht die englische Nationalmannschaft weiter auszurüsten. Dieses Recht verblieb bei Nike.
Ein gewisser Niedergang der Marke Umbro nach der Jahrtausendwende konnte auch in Deutschland registriert werden. Die Marke verschwand aus den gehobenen und modischen Sportgeschäften und fand sich auf den Wühltischen diverser Großhandelsketten wieder. Eine Erfahrung die allerdings auch schon andere Marken wie Reebok und Converse machen mussten. Die Bekleidung machte dabei leider auch keinen besonders wertigen Eindruck. In England selber war Umbro hingegen immer noch sehr präsent im Alltagsbild der englischen Bevölkerung, wenn sie auf dem Weg zum Supermarkt um die Ecke waren.
Aktuell ist ein Wandel in der Wahrnehmung der Marke allerdings zu verzeichnen. Was auch daran liegen dürfte, dass die Marke in Deutschland wieder vermehrt bekannte Mannschaften ausrüstet. Umbro profitiert auch vom anhaltenden Trend der Retro Sportswear und präsentierte sehr starke Kollaborationen mit Palace, Mundial Mag, 1312.bcn, Patta, Alife uvm. Designs aus dem Marken-Archiv wurden neuinterpretiert und einem Streetstyle Facelift unterzogen. Farbenfroh, großes Branding und doch immer mit einem Link zur langen Geschichte der Marke. So auch die eigenen Kollektionen wie zum Beispiel „The Unforgotten“, die die ungenutzten Designs der russischen Nationalmannschaft von der WM 1966 aufnahm und die neben einer großen Detailverliebtheit eine starke Story zum diesjährigen Turnier in Russland lieferte.
Ganz aktuell zur neuen Bundesligasaison werden von Umbro u.a. folgende Teams ausgerüstet: 1. FC Nürnberg, Spvgg. Greuther Fürth, Werder Bremen und Schalke 04. Es wird also spannend sein zu beobachten, ob Umbro seinen Weg zurück in die Kurve findet und dort vielleicht ein ähnliches Comeback feiern kann wie Ellesse. Mein eigener Weg wurde erst letzte Woche von einem Kapuzenpullover im altenbekannten klassischen Design gekreuzt. Ich habe nicht zugeschlagen, noch nicht! Ich schätze aber, dass mich die irgendwann folgenden kalten Tage noch einmal zu diesem Kapuzenpullover bringen werden. Am Ende ist es auch eine Erinnerung an die eigene Jugend und den Start ins Kurvenleben.
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