Eine neue Sapeur OSB Blogserie zum Thema Denim! Gemeinsam mit unserem guten Freund Andreas Zwingmann geben wir euch die kommenden Tage eine kleine Einführung in das Thema Denim bzw. Jeanshosen. Auch wenn wir uns bekanntermassen nie als Modepolizei aufspielen, wundern wir uns doch ein wenig, dass die Leute für ein stabiles Outfit hunderte von Euro ausgeben – teure Jacken und Sweater italienischer Sportswear, Hemden von britischen Ausstattern oder limitiertes Schuhwerk aus Flimby und Herzogenaurauch – aber in Sachen Jeans entweder nicht zeitgemäß entscheiden oder ein vermeintliches Schnäppchen eintüten. Wir möchten gerne mit unseren Sapeur OSB Denim Days auf stilvolle Alternativen mit der dazu passenden Qualität hinweisen. Vielleicht ist ja doch für den einen oder anderen unter euch etwas dabei. Starten möchten wir mit einem kleinen Intro aus der Feder von Andreas. Wir wünschen euch viel Spaß mit dem kleinen „1 x 1“ in der Denim-Kunde und starten mit unserer Blogserie!
Sitzen ein Japaner und ein Amerikaner in einer Bar und diskutieren darüber, wer die besseren Denim-Jeans macht. Da taucht ein Franzose auf, verteilt an beide ein paar Schellen und fragt „Wer ‘ats erfunden?“ Fertig, keine Pointe. Eigentlich noch nicht mal ein Witz, denn der Gallier hat vollkommen recht. Man hätte eigentlich schon vom Namen her drauf kommen können: „Denim“ leitet sich nämlich von der französischen Bezeichnung „Serge de Nîmes“ ab, also in etwa „Gewebe aus Nîmes“. Aus diesem Gewebe fertigte Levi Strauss in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts seine ersten Jeans, die er überwiegend an die Goldgräber an der amerikanischen Westküste verkaufte. (Wer sich in der Halbzeitpause durch kluges Daherreden noch weiter unbeliebt machen will, der kann ergänzen, dass „Jeans“ wiederum eine Ableitung aus dem französischen Wort für die italienische Stadt Genua ist, denn von dort kam der Baumwollstoff für die ersten Levi’s-Hosen, die aber noch keine klassischen Denim-Jeans waren – an dieser Stelle führt das jetzt aber erstmal alles viel zu weit).
Über den Siegeszug der Jeans von der Hose der Farmer und Minenarbeiter, ihre Neuinterpretation durch die Rock ‘n‘ Roll-Rebellen und die ihnen nachfolgenden Gegenkulturen hin zum allseits beliebten Kleiderschrank-Basic muss man sicher keine weiteren Worte verlieren. Das Thema selbst ist ja schon ein ordentliches Stück Populärkultur. Wer sich heute aber eine Jeans zulegen möchte, der sollte nicht ganz unvorbereitet in den Laden gehen, denn sonst fühlt er sich schnell wie ein Einsiedler, der bei Starbucks einen Kaffee kaufen will: Slim, Skinny, Regular oder Relaxed? Straight oder Tapered-Fit? Dark, Authentic, Raw, Medium-Rinsed, Acid- oder Sand-Finish? Red, White oder gar Rainbow-Selvedge?Oder doch lieber irgendwas dazwischen oder eine Kombination von allem? War früher irgendwie einfacher, da hast Du gesagt „eine Levis 501 (oder Lee Rider, Wrangler, Mustang… je nachdem) in meiner Bundweite und Schrittlänge bitte“, bezahlt, und die Messe war gelesen. Muss man heute schon derbe Glück haben, wenn man das so kurz und schmerzlos über die Bühne bringen will. Denn das Angebot ist größer denn je – und auch die Japaner mischen bereits seit einiger Zeit im Denim-Geschäft kräftig mit und bieten mit Marken wie Edwin, Momotaro, Oni, Evisu, Kojima Genes oder Studio d‘Artisan zum Teil grandiose Qualität und astreine Verarbeitung an. Aus genau diesem Grund wollen wir euch mit dieser Mini-Serie einen kleinen Überblick über die derzeit aus unserer streng subjektiven Sicht besten und natürlich casual-relevanten Styles in Sachen Denim geben.
Denn gerade Jeans sind ja für den Stadionbesuch und das Abenteuer Alltag drum herum die Hosen der Wahl. Manch Älterer wird sich noch an die Klassiker erinnern – ob von Chipie, Diesel oder Chevignon – manchmal sogar als Latzhose, immer aber mit zeitgemäß relaxtem Schnitt und dem obligatorisch ausgefransten Saum am Bein, der locker über dem sportlichen Schuhwerk hing. Aber das ist ewig her. Heute ist man da in der Regel etwas penibler und krempelt das Hosenbein sauber um, wenn es zu lang ist. Das hat auch gleich den Vorteil, dass man damit schön Ansage machen kann – zumindest, wenn man Wert auf edles Beinkleid aus anständigem Material legt. Schließlich sieht sonst ja keiner die innen liegende Webkante an der Beinnaht – und damit das Qualitätssiegel einer jeden amtlichen Jeans. Sie ist quasi der Nachweis, dass der Denim auf so genannten Shuttle-Looms hergestellt wurde, also auf traditionellen Webmaschinen. Diese arbeiten mit nur einem Schussfaden, der über die komplette Breite des Webstuhls läuft und am Ende auf jeder Seite wieder zurück in die Kettfäden des Denims geführt wird. So entsteht nicht nur ein dickerer Stoff, sondern an den Seiten der Stoffbahn bildet sich nach und nach eine saubere Kante, eben die „self-edge“, die dem Selvedge- (oder Selvage-) Denim seinen Namen gibt.
Der Vorteil gegenüber der heute verbreiteten Methode, bei der der Schussfaden am Ende der Bahn abgeschnitten wird, liegt auf der Hand: Der Stoff ist stabiler und franst an der Seite nicht aus oder ribbelt sich wieder auf. Nachteil: Shuttle Looms sind nicht die schnellsten Maschinen und können auch nur eine maximale Stoffbreite von 80 Zentimeter erzeugen, während andere Webstühle fast die doppelte Breite schaffen. Dadurch ist Selvedge-Denim fester als normaler Jeansstoff – aber halt auch um einiges teurer. Produziert werden Selvedge-Denims heute fast nur noch in Japan. Denn die amerikanischen Hersteller haben ihre alten Shuttle Looms verkauft, als die Produktion zu unrentabel wurde. Mit dem Ende der Cone Cotton Mill White Oak Fabrik in North Carolina schloss Anfang 2018 auch die letzte US-amerikanische Weberei, die noch Selvedge-Denim hergestellt hat. In Europa hält nur die italienische Manufaktur Candiani Denim die Selvedge-Fahne hoch – ansonsten haben bei diesem Thema die Japaner heute komplett den Hut auf. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass guter Denim noch in den 50er Jahren dort ausschließlich als Importware zu haben war.
Übrigens: Dass die zunächst einheitlich weißen Webkanten unterschiedliche Farben bekamen, hatte einst seinen Grund. Die Webereien konnten dadurch den Denim ihren verschiedenen Kunden zuordnen. Stoffe für Levi’s Jeans hatten etwa stets rote Selvedges. Heute ist das ganze eher optische Spielerei, die Webkanten sind meist rot oder weiß oder beides, Edwin hat dazu noch eine in Regenbogenfarben im Sortiment. Am Ende entscheidet hier der persönliche Geschmack – wie auch bei den Schnitten, die wir jetzt noch kurz unter die Lupe nehmen.
Denn davon gibt’s reichlich, damit auch vom Hungerhaken bis zum Tresensportler jeder seine Hose findet. Wer irgendwo dazwischen liegt, der fährt in der Regel mit ‘nem Regular Cutam besten, wenn er eine bequeme und gut sitzende, gerade geschnittene Denimjeans sucht. Wer es eher körperbetont mag und nicht zu viel Luft zwischen den Stoff und seine Stelzen lassen will, der sollte zum Slimoder Skinny Cutgreifen, damit die Hose vom Hintern bis zu den Knöcheln eng sitzt. Für mein persönliches Stilempfinden ist das aber nix, dem Style konnte ich schon in den 80er Jahren wenig abgewinnen, als der ganze Spaß noch „Röhrenjeans“ hieß. Sah schon damals bei jedem über 25 und/oder mit Problemzonen sehr leicht sehr peinlich aus. Ist also eher was für die Jeezy- und Supreme-Fraktion. Erwachsene Männer dagegen, die Platz brauchen, weil sie entweder von Natur, vom Pumpen oder von den zahlreichen Feierabendbierchen inzwischen recht massive Oberschenkel haben, fahren mit dem Comfort Cutganz gut, wobei hier der Schnitt auch unterhalb des Knies recht weit ist und das ganze somit schnell sackig aussieht. Den Bootcutdagegen wollen wir an dieser mal erwähnen, aber nicht näher erläutern, denn hoffentlich brauchen die wenigsten Leser hier ’ne Jeans mit ausgestelltem Bein, damit man sie über die Cowboystiefel ziehen kann. (Dem Skinhead, der seine gewienerten Docs präsentieren möchte, reicht zum Hochkrempeln jedenfalls eine regular geschnittene Hose.)
Soweit eigentlich ganz easy. Was die ganze Sache etwas komplizierter macht, ist aber, dass zu den verschiedenen Schnitten (cuts) auch noch unterschiedliche Passformen (fits) kommen, was die Zahl der Auswahlmöglichkeiten exponentiell ansteigen lässt. Hier hat man in der Regel die Wahl zwischen tapered, straight, relaxed und loose fit, was in dieser Reihenfolge auch die Körpernähe beschreibt. So läuft beim taperedfit das Bein etwa ab dem Knie abwärts etwas enger zu, ohne dabei aber allzu knackig am Knöchel anzuliegen. Beim straightfit dagegen bleibt das Bein, wie man sich schon denken kann, gerade bis zum Beinsaum und fällt damit auch leichter über die Schuhe. Denims im relaxedund loosefit dagegen sind auch obenrum weiter geschnitten und vernachlässigen die Körperform des Trägers eher. Das erhöht zwar die Bequemlichkeit, sieht aber gerade im loosefit bei einer eingetragenen Jeans und mit beladenen Hosentaschen schnell schlabberig und unförmig aus.
Um das ganze nicht noch weiter zu verkomplizieren, lassen wir mal die verschiedenen Waschungen komplett außer Acht, sondern empfehlen, sich zunächst mal eine Raw-Denim-Jeans zuzulegen, bei der nur drauf zu achten ist, ob sie unwashed ist oder rinsed. Letztere sind dann schon mal mit klarem Wasser gespült und laufen so beim ersten Waschen etwas weniger ein als ungewaschene. Bis dahin sollte so eine Hose aber mit Liebe und Geduld eingetragen werden. Dann hält sie Jahrzehnte und du wirst eh’ keine andere mehr wollen. Versprochen. So ging’s mir zumindest mit meiner ersten, einer regular tapered Edwin ED-55 unwashed rainbow selvedge…
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