Diese Woche wird es bei uns eine kleine Themenwoche zu Lederschuhen geben, die bei den Lads, Connoisseuren, Casuals, … wie auch immer…. äußerst beliebt sind und nicht nur im Herbst und Winter eine hervorragende und tragbare Alternative zu euren Sneaker sind. Sie sind vielleicht für den deutschen Fußballgeschmack erst einmal sehr befremdlich und vielleicht sogar vom Look eher als „Opa Treter“ oder „orthopädische Schuhe“ verschrien, aber bei jedem gut gekleideten Fußballhaufen auf der Insel ist diese Art von Schuhmode zu finden, denn nicht nur Sneaker eignen sich zum Tanz mit Old Bill im Stadionumfeld.
Ich bin sehr froh, dass wir zu diesem Thema Unterstützung von Andreas Zwingmann aka #kleiner_onkel erhalten und ihn für unsere kleine Blogbühne gewinnen konnten. Der gute Andi hatte beispielsweise bereits Artikel für „Gear There Everywhere“ geschrieben, die mich schlichtweg begeistert hatten. Andreas hat ein größeres Nerdwissen als ich, hat eine fantastische Schreibe und teilt vor allem die gleiche Leidenschaft und Ansichten wie wir. In der Zeit der „Internet Anonymität“ geht einfach nichts über persönliche Treffen und so hatten wir Nägel mit Köpfen gemacht und was eigentlich nur ein cooles Essen werden sollte, endete mit der Idee zu einer speziellen Themenwoche in der wir mit seiner Unterstützung Lederschuhe for the Terraces vorstellen.
Wir wünschen euch viel Spaß mit Andreas´ersten Artikel für Sapeur – One Step Beyond und seiner Vorstellung von Astorflex.
von Andreas Zwingmann
Zum Glück muss man hier niemandem was vormachen: Dass Design „Made in Italy“ in Sachen Mode – abgesehen mal von allerlei High-Fashion-Firlefanz – durchaus ein Gütesiegel für den amtlichen Casual-Chic der Straße ist, haben nicht zuletzt schon die Paninari in den 80er Jahren erkannt. Beim Schuhwerk haperte es diesbezüglich aber lange Jahre – oder fällt hier jemandem auf Anhieb eine italienische Freizeitschuh-Marke ein, die nicht mit „D“ anfängt und mit „iadora“ aufhört? Eben. Hier waren eher Timberlands und andere Bootsschuhe die erste Wahl.
Seit einiger Zeit erfreuen sich aber gerade unter den Lads von der Insel Treter von Astorflex großer Beliebtheit. Und das völlig zu Recht, denn das Label bietet alles, was das Herz des Aficionados begehrt: ultrabequeme, hervorragend verarbeitete Schuhe von einem traditionsreichen Hersteller, mit denen noch nicht jeder zweite da draußen rumrennt. Was aber auch wieder ein wenig schade ist, denn die Italiener sollte man unbedingt auf dem Schirm haben. Neben ihren Desert-Boots, die bei Astorflex je nach Material „Greenflex“ oder „Walkflex“ heißen, ist vor allem das neueste Modell eine Waffe: der „Beenflex“ – ein klassischer Halbschuh mit bombastischer Mokassin-Naht am Vorderfuß, ähnlich dem „Wallabee“. Grund genug, sich mit der Marke mal näher zu befassen.
La scarpa buona – nichts weiter als dem „guten Schuh“ hat man sich bei Astorflex gewidmet, und trägt diese Absicht auch ganz selbstbewusst im Logo. „Der Name der Marke geht auf meinen Vater Alfredo zurück, der zusammen mit seinem Bruder Bettino die Arbeit meines Großvaters Daniele und dessen Vaters Ferdinando weitergeführt hat“, sagt Fabio Trevenzoli, der aktuelle Firmenchef. Die Ursprünge von Astorflex reichen zurück bis ins späte 19. Jahrhundert nach Castel d’Ario bei Mantova, einem schon damals für seine zahlreichen familiengeführten Schuhmacher-Betriebe bekannten Städtchen. Dort begannen in der Nachkriegszeit die „Brothers Travenzoli“ damit, stabiles Schuhwerk nach dem in ihren Augen besten Verfahren herzustellen.
Diese Methode, deren Erkennungsmerkmal die sichtbare Naht um die Sohle herum ist, verwendet Fabio, der seit 1984 in der Firma seiner Familie aktiv ist, nach wie vor. Darauf allein wollte er sich aber nicht ausruhen und hat 2008 das Projekt „Think with your feet“ gestartet, um die Marke ganz nach seinen eigenen Vorstellungen weiterzuentwickeln. Zu allererst heißt das für Fabio, auf jeglichen Schnickschnack wie Branding, Marketing, PR und ähnliches Gedöns zu verzichten: „Ein Schuh ist etwas, das man braucht, um darin bequem zu laufen und was man sich nur dann kauft, wenn man es braucht“, sagt der Astorflex-Chef. Okay, beim zweiten Punkt mag unsereins vielleicht vehement widersprechen, aber für Fabio gehört das eben zum Nachhaltigkeitskonzept seines Unternehmens dazu. Es umfasst darüber hinaus, wertige Produkte herzustellen, die den Ansprüchen des Schuhmachers und den Anforderungen der Kunden gerecht werden, sowie natürlich auch, darauf zu achten, dass der gesamte Produktionsprozess lokal ausgerichtet ist.
Konsequenterweise verwendet man bei Astorflex daher auch nur pflanzlich gegerbtes Leder aus Europa. Weiterverarbeitet wird dieses dann, indem die Häute mindestens einen Monat in einer Mischung aus Wasser, Eichenrinde und einem Wurzelextrakt verbringen, ehe sie getrocknet, weich gemacht und gefärbt werden. „Diese uralte Methode ist aufwendig und teuer und wird daher heute kaum noch angewandt“, sagt Fabio Trevenzoli, „aber heraus kommt dabei ein Leder, das atmungsaktiv und antibakteriell ist. Und weil kein Chrom verwendet wird, werden auch keine Kontaktallergien hervorgerufen – mal ganz abgesehen davon, dass wir bei dieser Art der Lederverarbeitung viel Wasser und Strom sparen.“ Zudem, erzählt Fabio weiter, werden das Futter und die Innensohle nicht gefärbt, um die Atmungsfähigkeit des Leders zu erhalten.
Typisch für Astorflex-Schuhe sind die Crepesohlen, deren Material aus dem brasilianischen Gummibaum gewonnen wird – natürlich auch hier ohne den Einsatz von Chemikalien und Farben. Das hat auf der einen Seite zwar den Vorteil, dass die Herstellung komplett umweltfreundlich und das Material zu 100 Prozent abbaubar beziehungsweise wiederverwertbar ist. Andererseits ist es dadurch natürlich weniger abriebfest als synthetisch hergestelltes Gummi und weniger temperaturresistent: bei großer Kälte wird die Sohle hart, bei Hitze weich. Aber diese Aspekte sind in den Augen der Italiener zu vernachlässigen gegenüber dem Bestreben, einen guten, ökologisch möglichst sauberen Schuh herzustellen.
Designt und produziert werden alle Astorflex-Schuhe ausschließlich in Italien von Menschen, die genau wissen, was sie da machen. Das erwartet man dann natürlich auch von seinen Zulieferern, die belegen müssen, dass ihre Ware aus lokaler Herstellung kommt und umweltverträglich produziert wurde. „Unser Ziel ist es, Transparenz zu bieten, was unsere Produktion betrifft, und was dann letztlich auch die Produktionskosten unserer Schuhe erklärt“, betont Fabio. Angesichts des Aufwands aber, den man bei Astorflex betreibt, liegen die Preise für die Schuhe absolut im bezahlbaren Rahmen, im Turnschuhbereich vergleichbar etwa mit den „Made in UK“-Modellen von New Balance.
Wer also noch angemessenes Schuhwerk für den Herbst und Winter sucht, sollte mal bei den üblichen Verdächtigen von oipolloi bis hipstore vorbeischauen, denn all zu groß ist das Vertriebsnetz in Deutschland noch nicht. Wie gesagt: beste Voraussetzungen, dem Schuh-Mainstream mit einem Paar Astorflex an den Füßen „one step beyond“ zu sein.
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