Ola Sapeuristen,
heute wollen wir euch in der Rubrik „Zeitgeschichte“ ins Jahr 1988 entführen. Deutschland war noch ein geteiltes Land und Erich Honecker stellte einen Abbau der Atomwaffen in Aussicht. Die Sowjetunion organisierte ihren Abzug aus ihrem persönlichen Vietnam, welches in Afghanistan in lag und Aserbaidschan legte durch seine Gräueltaten an der armenischen Bevölkerung den Grundstein dafür warum heute die (fast) komplette Liga in Baku spielen muss. Musikalisch spielten dagegen die Pet Shop Boys mit dem Song „Always on my Mind“ groß auf. Der Verfasser dieser Zeilen selbst dagegen quälte sich durch die Mühlen der 3. Klasse! Auch da war Schule schon scheiße.
Die Bundesliga spielte natürlich auch! Am Ende der Saison 1987/1988 sollte der SV Werder Bremen unter Otto Rehhagel die Meisterschaft feiern. Unsere Eintracht aus Frankfurt konnte diese Saison mit einem Platz im Mittelfeld abschließen und durfte im Berliner Olympiastadion den letzten Titel (bis heute) als DFB-Pokalsieger feiern. Der Torschütze zum entscheidenden 1:0 war dabei jener legendäre Detari dessen folgende Millionenablöse bis heute vergeblich am Riederwald gesucht wird. Der Alex Meier der damaligen Saison war übrigens ein junger Spieler des VfB Stuttgarts, welcher später noch den einen oder anderen Erfolg feiern durfte, sein Name lautete Jürgen Klinsmann. Die Regelung des Abstiegs war damals analog zur heutigen Ausgestaltung. Die letzten beiden Klubs steigen ab und der Drittletzte darf in die Relegation. Diese Ehrenrunde durfte damals die Jungs vom Waldhof aus der Quadratenstadt drehen, welche sich dort auf sehr dramatische Art gegen die Lilien aus Darmstadt behaupteten. Die beiden Absteiger waren der FC Schalke 04 und der FC 08 Homburg.
Während wir an dieser Stelle kein weiteres Wort über die Königsblauen verlieren wollen, widmen wir uns dagegen dem FC 08 Homburg. Ein Saison zuvor waren die Saarländer in die Bundesliga aufgestiegen und es soll tatsächlich zu diversen Verwechselung bei der Anreise von Gästefans gekommen sein. Man munkelt, dass ein Teil des Anhangs des FC Bayern nach Bad Homburg gefahren ist. Ähnliche Erfahrungen sollen ja auch die Fans der Unaussprechlichen von der anderen Mainseite viele Jahre später mit dem Ort Ahlen gemacht haben.
Wahrscheinlich wäre die Geschichte des FC Homburg an dieser Stelle auch schnell erzählt gewesen, wenn es überhaupt eine gegeben hätte. Finanzielle Problem, kein sportlicher Erfolg und der Abstieg in die 2. Liga. Ohne dabei vergessen zu wollen, dass der FCH gegen unsere Eintracht natürlich zweimal gewinnen konnte. Manche Dinge ändern sich eben nie.
Die finanzielle Schieflage des Vereins hing natürlich auch damit zusammen, dass es dem Klub bis ins Frühjahr 1988 nicht gelungen gewesen war, einen Trikot-Sponsor zu finden. Der umtriebige und in DFB-Kreisen nicht besonders geschätzte Präsident des Klubs, Manfred Ommer, sollte dann allerdings doch noch einen potenten Geldgeber finden. Potent ist schon deswegen sehr passend, weil dieser Geldgeber seinen Umsatz mit den kleinen Gummifreuden für des Mannes bestes Stück erzielte. In einer Zeit der aktiv angelaufenen AIDS-Kampagne („Tinaaaa! Wat kosten die Kondome?“) der Bundesregierung eigentlich eine sehr löbliche Wahl des Sponsorings, aber man hatte die Rechnung ohne den Wirt oder besser gesagt der alten Herrenriege beim DFB gemacht. Die reagierten wenig aufgeklärt und untersagte dem FC Homburg das Tragen der Trikots mit dem Aufdruck „London“ („London Kondome“, „London Rubber Company“). Bis zu einem Gerichtsurteil musste der FCH das Sponsoring mit einem schwarzen Balken unkenntlich machen. Die Speerspitze für den Erhalt von Moral und Anstand sollte dabei ein gewisser Mayer-Vorfelder bilden. An der Stelle würde der Text nun wahrscheinlich total ausufern, aber über Tote soll man bekanntlich nicht schlechtes, sondern nur Gutes erzählen. Gutes gibt es nicht, also ist die Bewertung dieser Person auch schon beendet.
Im Gegensatz zur heutigen Zeit zeigte allerdings der FC Homburg bzw. sein Präsident Eier und zog gegen diese Entscheidung vor Gericht. Allerdings nicht vor das DFB-Sportgericht, welches faktisch aus den gleichen Leuten besteht, die vorher schon das Verbot aussprachen, sondern vor ein ordentliches Gericht. Das ordentliche Gericht in Frankfurt konnte den Bedenken des Verbandes nicht folgen und erlaubten das Tragen der Trikots mit dem „London“ Schriftzug. Im Auswärtsspiel beim Hamburger Sport-Verein war es dann soweit und der FC Homburg trug mit breiter Brust die Werbung des Kondomerstellers aus Mönchengladbach. Die Punkte blieben allerdings in der Hansestadt. Der DFB ließ natürlich nichts unversucht und stellte einen drohenden Punktabzug in Aussicht, wenn die Saarländer nicht doch noch auf die Werbung verzichten sollten. Die Drohung ließ allerdings auch den Trainer des Vereines kalt, welcher sich lapidar fragte, welche Punkte man dem Verein überhaupt wegnehmen könnte? Die Spitze der Eskalation war allerdings erreicht als sich der Präsident des FC Homburg in einer Talkshow über die Vorstandsriege des DFB dahin gehend lustig machte, dass diese wohl keinen Bezug mehr zu solchen Dingen wie Sexualität und Verhütung haben. Letztlich sollte Manfred Ommer auf jeden Fall damit Recht behalten, dass der Verein und das Sponsoring erst durch die Haltung des DFB die breite Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit im In- und Ausland bekam.
Am Ende sollte der sportliche Verlauf allerdings den Herren aus der DFB-Zentrale in die Karten spielen. Der FC Homburg verabschiedete sich in die 2. Bundesliga, welche vielleicht auch damals schon die beste zweit Liga der Welt gewesen ist, aber eigentlich nur unter Ausschluss der medialen Öffentlichkeit stattfand. Ausschnitte der Spiele gab es maximal in der ZDF Sportreportage am Sonntag zwischen Rhönradturnen und Eisschnelllauf. Ein Jahr später gab es noch mal eine Rückkehr ins Oberhaus, aber auch diese endete am Ende der Tabelle. Eine Rückkehr sollte danach bis heute nicht mehr gelingen.
In diesem Sinne verabschieden wir euch in eine fruchtbare Zeit.
vilbelmaggus