Es begann in einer westdeutschen Küche im Sommer 1972. Es handelte sich nicht um jemanden, der Spirituosen mischte, sondern um einen Marketingmitarbeiter, der einen Geistesblitz hatte. Der Vorstandsvorsitzende von Jägermeister, Günter Mast, gab eine Party für mehrere Geschäftspartner. Nach und nach gingen die Gäste nach drinnen, um das Viertelfinale der Fußball-Europameisterschaft 1972 zwischen Deutschland und England zu verfolgen, und ließen Mast allein auf der Sonnenterrasse zurück. In diesem Moment erkannte er das Werbepotenzial des Fußballs.
Es gab jedoch ein ziemlich großes Problem: Sponsoring auf Fußballtrikots war in Westdeutschland verboten. Zu diesem Zeitpunkt war Sponsoring in einigen kleineren Ligen wie Österreich, Dänemark und der Schweiz zwar erlaubt, aber in den meisten europäischen Ländern war es immer noch ein Tabuthema.
Zum Glück für Mast liegt nur 12 km nördlich von Jägermeisters Heimatstadt Wolfenbüttel die Stadt Braunschweig. Der Verein Eintracht Braunschweig spielte in der Bundesliga, der perfekten Marketingplattform, und befand sich, wie es der Zufall wollte, in einer schwierigen finanziellen Lage. Braunschweig war 1967 unter dem Trainer Helmuth Johannsen überraschend Meister geworden, stürzte aber nur vier Jahre später durch den Bundesliga-Skandal 1971 ins Chaos.
Angeblich mit mehreren Millionen D-Mark verschuldet und sich darüber beklagend, dass es dem Verein an Kapital fehlte, um mit größeren Vereinen konkurrieren zu können, beschwerte sich Präsident Ernst Fricke bei seinem Freund Mast über die Situation. Das Duo schlug dem DFB im August 1972 seine Jägermeister-Vermarktungsstrategie vor, die aber wenig überraschend abgelehnt wurde. Genialer weise schlug Mast daraufhin vor, die Beschränkungen durch eine Änderung des Eintracht-Wappens zu umgehen.
Er schlug vor, dem Verein für fünf Spielzeiten 500.000 DM zu zahlen, um den traditionellen Löwen durch das Hirsch-Logo von Jägermeister zu ersetzen. Um die Marketingbotschaft zu vermitteln, sollte das Abzeichen auf einen Durchmesser von 18 cm vergrößert werden. Dies war jedoch leichter gesagt als getan.
Der DFB war erwartungsgemäß dagegen und wies die Schiedsrichter an, Spiele nicht anzupfeifen, wenn Braunschweig in einem Trikot mit dem Jägermeister-Logo auflaufen würde. Anfang Januar 1973 schaltete Mast Juristen ein, um die Vereinssatzung der Eintracht neu zu definieren und statt des Löwen den Hirsch als Vereinssymbol festzulegen. Der DFB legte noch immer sein Veto ein, bevor er nach einem zweimonatigen Rechtsstreit schließlich nachgab. Die Änderung wurde genehmigt, allerdings durfte das Abzeichen nicht größer als 14 cm im Durchmesser sein und musste auf beiden Seiten die Initialen des Vereins enthalten.
Ein Grund für die Kehrtwende des DFB war, dass Jägermeister so nah an Braunschweig produziert wurde. Am 24. März 1973 trug der Verein beim 1:1-Unentschieden gegen den FC Schalke 04 erstmals die angepassten Trikots. Vor dem Anpfiff sah sich Schiedsrichter Franz Wengenmayer gezwungen, das Wappen der Eintracht zu vermessen, um zu überprüfen, ob es den Vorgaben des DFB entsprach.
Eine weitere Änderung kam am Ende der Saison, als der DFB einlenkte und Sponsorennamen auf den Trikots erlaubte. Mehrere Bundesligisten, darunter Eintracht Frankfurt, Fortuna Düsseldorf und der Hamburger SV, schlossen nur allzu schnell lukrative Verträge für ihre Trikots ab. Die Eintracht aus Braunschweig fügte auch das Jägermeister-Logo unter ihrem immer noch recht großen Abzeichen hinzu. Diese Entscheidung sollte eine Schlüsselrolle dabei spielen, dass Sponsoren in England alltäglich wurden, beginnend mit Kettering Town im Jahr 1976, auch wenn die UEFA noch neun Jahre brauchte, um darauf zu reagieren.
Für Mast war sein Braunschweiger Projekt jedoch erst der Anfang. Erfreut über den gestiegenen Jägermeister-Absatz nach der Namensänderung, erkannte Mast das Potenzial von Braunschweig als Marketinginstrument. 1977 verpflichtete der Verein den Weltpokalsieger Paul Breitner von Real Madrid für die stolze Summe von 1,6 Millionen DM. Der Wechsel ging zwar nach hinten los, da Breitners Persönlichkeit nicht zum Rest der Mannschaft passte, aber er förderte den Bekanntheitsgrad des Vereins.
Ein paar Jahre später, 1983, begann Mast mit dem wohl ehrgeizigsten Teil seiner Vision. Da der Verein inzwischen drei Millionen Mark Schulden hatte und kurz vor dem Bankrott stand, kandidierte er als Präsident. Am 10. Oktober verkündete er sein Hauptziel: Sollte er gewählt werden, würde er alle Schulden des Vereins erlassen. Im Gegenzug wollte er den Namen des Vereins von Eintracht Braunschweig in Jägermeister Braunschweig ändern.
Am 28. November 1983 wurde Mast erfolgreich gewählt, und bei der anschließenden Abstimmung am 14. Dezember stimmte die überwältigende Mehrheit der Mitglieder für die Umbenennung. Bemerkenswert ist, dass der Knackpunkt in der sehr realen Gefahr der Auflösung des Vereins lag. Wie Mast andeutete, ging es entweder um die Namensänderung oder den Konkurs.
Mit diesem Schritt geriet Mast erneut in Konflikt mit dem DFB. Nachdem der Deutsche Fußball-Bund bereits einige Grundsätze aufgegeben hatte, verhängte er eine einstweilige Verfügung gegen Braunschweig. DFB Präsident Hermann Neuberger argumentierte:
„Wenn ein Verein seinen Namen zu Werbezwecken ändern könnte, würde das wahrscheinlich viele Grenzen sprengen. Viele andere Vereine würden ihrem Beispiel folgen und bald hätten wir Ford Köln und Backpulver Bielefeld.“
Mehrere Berufungen von Mast führten den Fall bis zum Bundesgerichtshof, dem höchsten Zivilgericht des Landes. Am 17. November 1986 erging ein endgültiges Urteil, das die Proteste des DFB sensationell für rechtswidrig erklärte und Braunschweig die Erlaubnis erteilte, den Eintracht-Schriftzug gegen Jägermeister zu tauschen.
Doch damit nicht genug: Der Niedersächsische Fußballverband (NFV) drohte mit einem Verbot der Braunschweiger Jugendmannschaften, sollte die Änderung umgesetzt werden. Mit der Begründung, Minderjährige würden für Alkohol werben, wurde die Presse für die Namensänderung eingestellt.
Zu diesem Zeitpunkt hatte Mast den Verein bereits verlassen. Im Dezember 1985 scheiterte er bei der Wiederwahl als Präsident, und im Winter 1987 verließ er den Verein wegen Differenzen mit der Vereinsführung. Mast hatte in der Tat wenig Interesse am Fußball als Spektakel und sagte einmal: „Er war ein Mittel zum Zweck. Ich kann Ihnen sagen, wann der Ball im Tor ist, aber ich kann kein Abseits erklären“. Es wird berichtet, dass Mast während seiner Zeit als Präsident zwei Spiele im Eintracht-Stadion besucht hat.
Damit wird seine Bedeutung aber heruntergespielt. Der Fall Jägermeister in Braunschweig hatte weitreichende Folgen. Wie bereits erwähnt, wurde die Einführung von Trikotsponsoring maßgeblich davon beeinflusst. Außerdem ist es möglicherweise der erste Fall, in dem ein Unternehmen einen Fußballverein ausschließlich zu kommerziellen Zwecken nutzt.
Ein weiterer interessanter Nebeneffekt dieser Geschichte eines ehemaligen Bundesligameisters ist die Tatsache, dass sie dazu beitrug, einen weiteren zu schaffen. 1986 versuchte Karl-Heinz Briam, der Arbeitsdirektor von Volkswagen, Präsident zu werden, wurde aber von Mast daran gehindert. „Solange ich hier etwas zu sagen habe, wird bei der Eintracht kein Gewerkschafter Präsident“, kommentierte er. Daraufhin richtete VW sein Augenmerk auf den Werksverein VfL Wolfsburg und investierte kräftig, um dem Verein 1997 erstmals den Aufstieg in die Bundesliga zu ermöglichen.
Nach Braunschweig zurückgekehrt, blieb das Jägermeister-Logo auf dem Wappen, bis 1987 der Löwe wieder eingeführt wurde. In den folgenden Jahrzehnten hatte der Verein jedoch zu kämpfen. Wenn ich richtig informiert bin, stieg Braunschweig 1987 in die dritte Liga ab und spielte seitdem nur eine Saison in der Bundesliga.
Heute haben wir leider einige „Produkte“ mehr im Profifußball zu ertragen und der Wunsch, zumindest aus der Kurve, nach Traditionsvereinen wird immer lauter.
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