Wir haben den Jahrestag aufgrund von Europapokal und anderen Dingen leider verpasst, aber heute reisen wir ins Jahr 1873 zurück, als sich der Zorn der Zecher in Frankfurt am Main entlud.
Überall brodelt es im Frühjahr im Deutschen Reich. In Berlin prügeln Hundertschaften Polizisten und berittene Soldaten einen Aufstand nieder. Zuvor wurden die Mieten erhöht und das Volk tobte. In mehr als fünfzehn deutschen Städten sorgten Preiserhöhungen für Krawalle. Der Auslöser waren steigende Mieten oder Preiserhöhungen beim Bier. So auch hier am Main.
Bevor wir ins Thema einsteigen muss man folgendes wissen: Drei Pfennige ergeben einen Kreuzer und vier Kreuzer einen Batzen. Dann gab es noch den Gulden, aber das wurde jetzt nur verwirren. Genau einen Batzen kostete der halbe Liter Bier in den Brauereigaststätten. Seit Ewigkeiten schon. Deshalb auch im Volksmund Batzenbier genannt.
Als die Frankfurter Bierbrauer beschlossen, zum 1. April 1873 den Bierpreis um mehr als 10% auf viereinhalb Kreuzer zu erhöhen, rechneten sie nicht damit, dass ihre Preisgestaltung Auslöser für schwere Krawalle und Tote sein würde.
Die Frankfurter wissen, im April steht die Frühjahrsmesse an. Die hart arbeitenden Frankfurter genießen ihre Freizeit und wollen sich ein Bier im Bleichgarten der Breiten Gasse genehmigen. Aber das Bier kostete nun statt vier Kreuzer jetzt vier und einen halben Kreuzer. Weil es keine halben Kreuzer gibt, erfinden die Brauer Halbe-Kreuzer-Marken. Wer jetzt mit fünf Kreuzern bezahlt, bekommt als Rückgeld die Marke. Einzulösen beim nächsten Bier, beim gleichen Wirt. Ein Skandal.
Geschwängert vom Alkohol entlud sich am Nachmittag des 21. April 1873 der Zorn der Arbeiter. Sie liefen nachmittags in Richtung Innenstadt und riefen „Mir wolle Batzenbier!“. Es schlossen sich immer mehr Frankfurter dem Protestzug an und beim Erreichen der ersten Brauereigaststätte entlud sich der Volkszorn und es wurde kurzerhand Kleinholz aus ihr gemacht. Insgesamt wurden achtzehn Wirtshäuser zertrümmert und die Polizei wurde tatenlos Zeuge des Bierkrawalls. Zu der Zeit gab es in Frankfurt gerade mal rund sechzig preußische Polizisten, die gegen den wütenden und nun mit Stangen bewaffneten Mob nichts entgegen zu setzen hatten. Am Abend wurde das Militär zur Hilfe herbeigerufen und das Schicksal nahm seinen Lauf. Die anfangs sechs Kompanien des preußschen Infanterieregiments gab erst Warnschüsse ab, bevor es dann in die Menge feuerte und zwanzig Menschen starben. Hunderte wurde verhaftet und mit teils drakonischen Strafen bedacht.
Direkt nach den Todesfällen haben die Brauereien ihre Preiserhöhung zurückgenommen und das Bier kostete wieder einen Batzen. Der Bierkrawall zählte in Frankfurt zu den schwersten Unruhen zwischen den Revolutionen von 1848 und 1918.
Wir haben leider keine Freigabe der Bilder erhalten. Deshalb haben wir für den Artikel Illustrationen von Duckas und Gavin verwendet. C´est la vie.
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