Wenn wir ehrlich sind, hat Kord für viele von uns keinen besonders glamourösen Start hingelegt. Als Kind trug man ihn selten freiwillig. Diese dicken, raschelnden Hosen, die sich anfühlten, als hätte jemand Teppichboden zu Bekleidung verarbeitet. Kord war das, was Eltern als praktisch bezeichneten – und was man selbst so schnell wie möglich gegen Denim eintauschen wollte.
Und doch stehen wir Jahre später wieder vor dem Spiegel, ziehen eine Kordjacke an und stellen fest: Eigentlich ist das ziemlich gut. Vielleicht sogar besser, als es je war.
Kord ist ein Stoff, der nicht im Trendkatalog lebt. Er taucht auf, wenn die Blätter sich färben, wenn das Licht weicher wird, wenn man morgens wieder etwas sucht, das ein bisschen Wärme und ein bisschen Charakter hat. Und genau dann zeigt Kord, warum er nie wirklich verschwunden ist.


Seine Geschichte beginnt im alten England. In den Webereien von Manchester wurde im 18. und 19. Jahrhundert ein Großteil des Kords gefertigt. Dort entstand der Stoff, der später Arbeiter, Bauern und Handwerker kleidete. Robust, warm und nahezu unverwüstlich – Eigenschaften, die ihn zum Stoff der arbeitenden Klasse machten. Später fanden auch Intellektuelle Gefallen daran. Der Kordblazer wurde zur uniformierten Nachdenklichkeit: Professoren, Künstler, Autoren – alle trugen ihn, weil er sowohl funktional als auch charaktervoll war.
Was Kord so unverwechselbar macht, sind seine Rippen, die sogenannten Walen. Diese Textur verleiht dem Material Tiefe, ein leichtes Schimmern und eine gewisse Dreidimensionalität, die Baumwolle sonst selten hat. Kord lebt. Er altert. Er speichert Geschichten. Ein Stoff, der sich niemals an glatte Perfektion klammert, sondern an Persönlichkeit.
Und weil wir gerade bei britischer Stoffgeschichte sind, begegnet man früher oder später einem Begriff, der vor allem im deutschsprachigen Raum überlebt hat: der Manchester-Hose. Der Name klingt wie eine modische Spezialität aus irgendeinem hippen Vintage-Laden, meint aber schlicht eine Kordhose. Da Manchester das Zentrum der britischen Textilproduktion war, wurde der Stoff im deutschsprachigen Raum kurzerhand nach seinem Herkunftsort benannt. Eine Manchester-Hose ist also nichts anderes als eine Kordhose – früher meist schwer, grob gerippt und gemacht für kaltes Wetter, heute ein nostalgischer Begriff für einen Stoff, der die Zeiten überdauert hat.

Dass Kord jetzt wieder seinen Platz in unseren Kleiderschränken findet, ist kein Zufall. Marken unterschiedlichster Couleur haben den Stoff neu entdeckt. Barbour greift auf seine Country-Wurzeln zurück und bringt Kord in Form klassischer Field Jackets zurück an die frische Luft. Stone Island experimentiert mit Färbetechniken, die aussehen, als würden sie in einem futuristischen Labor entwickelt. C.P. Company interpretiert das Material modern, technisch und mit dieser typischen Mischung aus Funktion und Eleganz. Und dann gibt es die kleinen, unabhängigen Marken: jene Ateliers in Sheffield, Berlin oder Kopenhagen, die Kord in Overshirts, Utility-Hosen oder Workwear-Jacken verarbeiten – oft mit mehr Herzblut als Marketingbudget.
Kord funktioniert heute so vielseitig wie nie. Eine schmal geschnittene Kordhose mit Sneakern wirkt lässig. Mit Boots wird sie sofort klassisch. Ein Kordhemd kann Solo-Piece oder Layering-Held sein. Und eine Jacke aus rostbraunem oder dunkelgrünem Kord ist vielleicht das ehrlichste Kleidungsstück, das man im Herbst tragen kann.
Zur Illustration haben wir euch ein paar Beispiele aus der aktuellen Saison beigepackt. Hoch im Kurs sind – wenig überraschend – die guten alten Kordhosen und die allgegenwärtigen Overshirts. Damit liegt man nie falsch. Aber das Thema hat deutlich mehr Tiefgang, als man auf den ersten Blick sieht. Jacken, Westen, sogar Accessoires: Kord ist gerade dabei, überall aufzutauchen. Und ehrlich gesagt, es steht ihm ziemlich gut.
Das Schöne an Kord ist, dass er nicht versucht, cool zu sein. Er ist es einfach. Auf seine leise, aber sehr bestimmte Art. Ein Stoff, der sich Zeit nimmt, der Geschichten speichert, der mit dem Träger mitwächst.






Autumn Vibes dank Kord
