Heute kommen wir zum fünften und letzten Teil unserer kleinen gemeinsamen Serie mit Andreas Zwingmann zum Thema Lederschuhe. Vielen Dank an Andi aka kleiner_onkel der von der Idee der Serie genauso begeistert war wie ich und natürlich für seine fantastischen Artikel auf unserer kleinen Blogbühne. Wir haben bereits die nächste Idee zu einer kleinen Serie zu einem ebenfalls „vernachlässigten Thema“. Mehr dazu erfahrt ihr dann vielleicht bereits in den kommenden Wochen. Jetzt wünsche ich euch erst einmal viel Spaß beim Lesen und (vielleicht) eurem Erstkontakt mit der Marke Mephisto. Hier habe ich mich auf das Modell „Rainbow“ beschränkt, dass sich vor allem bei den sogenannten Post-Casuals in Nord-England Anfang der Neunziger einer großen Beliebtheit erfreute und dort bis heute stark vertreten ist.
Wenn ich an den Rainbow von Mephisto denke, ist es für mich eine Reise zurück in meine Kindheit. In meinen Ferien war ich immer bei meinem Onkel und meiner Tante auf dem Land zu Gast. Ich war auch immer bei den Fußball- und Handballspielen der dort ansässigen Teams mit von der Partie, denn mein Onkel war Glücksbringer, leidenschaftlicher Schiri Beschimpfer und Masseur aller Mannschaften im Dorf. Stets gedanklich beim Aufstieg, auch wenn es am Ende immer gegen den Abstieg ging. Warum ich euch das erzähle? Anfang der 1980er kam ich das erste Mal mit dem Modell Rainbow von Mephisto in Kontakt, denn mein Onkel hatte sie neben seinen Turnschuhen mit drei Streifen ständig getragen. Ich fand sie nicht schön und über die Jahre wurden sie für mich zum Inbegriff des Opa Treters oder Gesundheitsschuh. Sie waren nicht lässig, nicht schick und ich sah sie im Ort auch nur von Senioren getragen. Als es um die Themenwoche Lederschuhe bei uns ging, kamen Andreas und ich nicht an ihnen vorbei und mir wurde die Ehre zuteil euch ein paar Worte zum Mephisto Rainbow schreiben zu dürfen. Damit verbunden ist auch eben diese kleine Zeitreise.
Die Marke Mephisto ist im Jahr 1965 im französischen Sarrebourg vom deutschen Martin Michaeli gegründet worden und fokussierte sich auf die Produktion von Mokassins. Seine Vision: Den bequemsten Schuh der Welt zu produzieren. Komfortable Schuhe, die sich ohne Druck auf die Füße tragen lassen. Das Ergebnis war ein äußerst bequemer Schuh, der aber nicht gerade unter dem Begriff „Schön“ einzuordnen war. Die Bequemlichkeit ließen ihn jedoch schnell zum Kassenschlager werden. Später sollte er auch den Weg ins Stadion finden und auch einen Einzug in andere Subkulturen erhalten. Für viele Europäer ist es jedoch ein seltsamer Anblick den Mephisto Rainbow in Verbindung mit angesagter Kleidung getragen zu sehen.
Nigel von „Oi Polloi“ beschreibt das Phänomen wie folgt
„Sie sind Luxusschuhe für die Mittelklasse. Er ist ein bequemer, alter, gewöhnlicher Idioten-Schuh, aber für uns ist ein „bedrohlicher“ und somit ein besonderer Schuh. Für Leute in Europa wirkt er streng und hart. Die Leute aus Frankreich verstehen nicht, warum wir den Rainbow bei uns im Shop haben. Sie begreifen es einfach nicht. Vielleicht gerade deswegen ist er eins unserer Lieblingsdinge, weil er aus dem Kontext gerissen ist. Es ist ein großer Schuh, der immer ziemlich scharf und glatt wirkt. Es ist ein bisschen schwierig zu erklären, warum es sich richtig anfühlt und für uns so gut aussieht. Warum sieht ein Golf GTI immer gut aus? Es ist eins von diesen Dingen, die keinen richtigen Sinn ergeben, bei denen aber am Ende doch alles passt.“
Wie ihr in meiner Einleitung nicht gerade subtil herauslesen konntet, bin ich bei dem heutigen Thema also vorbelastet. Und so richtig in Kontakt mit dem Mephisto Rainbow kam ich erst wieder in den letzten drei Jahren, als er mir hier und dort in die Hände fiel bzw. heiß diskutiert wurde. Ich bin Mitglied in einem Forum, das jenseits des Casual Mainstream existiert und bei dem one-upmanship großgeschrieben wird. Darin sind auch einige Liebhaber des Modell´s Rainbow vertreten, die ihn zu ihrer Edwin Jeans, Engineered Garment Jacken und Oberteilen von Barbour oder Albam rocken. Da ich schon immer vom Blick über den Tellerrand angetan war, habe ich begonnen mich intensiver mit dem Schuh auseinanderzusetzen. Der Rainbow war anfangs nur bei Senioren hoch im Kurs, aber irgendwann um das Jahr 2007 oder 2008 änderte sich mit Einführung der fashionableren Produktlinien aus den Mephisto Originals die Zielgruppe und der Schuh wurde von Schauspielern und Musikern wie Tom Cruise oder Janet Jackson getragen. Auf der Insel hatte Mephisto schon früher zum Siegeszug angesetzt, hatte seinen Platz bei den Lads gefunden und Shops wie Oi Polloi führen ihn in diversen Variationen in ihrem Sortiment. Heute sind die Rainbow´s so angesagt, so dass sie auch nach einer Colabo mit Patta bei den Hype Kids und Sneakerheads auf dem Radar gelandet sind. Die Zusammenarbeit mit dem Sneakerstore…Schrägstrich…Label stand übrigens auch kurz bei mir auf dem Zettel, aber ich schaffte weder einen Artikel hierzu bei uns auf dem Blog zu präsentieren oder mir ein Exemplar in meiner Größe zu angeln.
Bei meinem diesjährigen Besuch auf der Fashionweek ist mir ein Stand auf der BRIGHT Tradeshow kurioserweise besonders in Erinnerung geblieben: Mephisto Originals. Die Marke hätte ich nicht unbedingt auf der BRIGHT erwartet und die Schuhe wurden genauso wie auf der Marken Homepage den Messebesuchern sehr frisch und farbenfroh präsentiert. Wirklich sehr gelungen. Mephisto ist nicht erst seit gestern eine Weltmarke und die Schuhe werden gleichermaßen von Querdenkern und Individualisten getragen. Der Mephisto Rainbow wird in vielen unterschiedlichen Designs, Materialien und Farben angeboten und könnte zu einem ähnlichen Höhenflug wie zuletzt Birkenstock ansetzen. Der klassische Rainbow wird aus Kalbsleder und von Hand gefertigt. Das Oberleder ist besonders weich und die Laufsohle sehr widerstandsfähig. Diese Symbiose macht den Schuh äußerst komfortabel und vielseitig. Die Soft-Air Technologie sorgt dafür, dass der Schuh ein gesundes Fußklima hat. Mephisto setzt aktuell besonders auf die poppigen Farben und bei den Damen darf es auch schon einmal Lackleder sein. Manche Marken würden alles für seinen Wiedererkennungswert und Komfort geben. Dank der metallischen D-Ring-Schnürung und des rundum gepolsterten Schaft sitzt der Rainbow einfach perfekt und bietet zudem noch den gewünschten Halt. Das grobe Outdoorprofil begeistert seit mehr als 50 Jahren und das Branding in Form vom Flaggen-Label ist gut sichtbar an der äußeren Schnürleiste angebracht worden.
Es ist irgendwie verrückt, aber je mehr ich mich mit der Marke auseinandersetze, desto mehr verliert sie das Bild des Opa Treters für mich. Ob ich mich jetzt aber entscheide einen Schuh zu kaufen, kann ich noch nicht mit Gewissheit sagen, denn eine Anschaffung ist nicht gerade günstig. Das Herrenmodell kostet in der klassischen Variante 195€. Es ist aber natürlich ein zeitloser Klassiker, der mit der richtigen Pflege dem Besitzer wahrscheinlich lange Freude bereiten wird. Ich bin schon sehr darauf gespannt, wer dem Rainbow von Mephisto heute die nötige Coolness ähnlich der ehemaligen adidas Freizeit und der heutigen SPZL Reihe einverleiben könnte.
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