Weitestgehend verschwunden sind sie, diese halböffentlichen, zwielichtigen Refugien einfacher Kerle, in denen man ungestört Mensch sein konnte. Wo es klar ging – ohne Termine und leicht einen sitzend – mit geöffneter Hose zu verweilen, weil das einfach bequemer ist und die Etikette bereits an der Garderobe aufgehängt wurde.
Bahnhofskinos waren solche Orte der Besinnlichkeit, in dem man mit seinem mitgebrachten Sechserträger „Römer Pils“ willkommen war, solange man zahlte und nichts vollkotzte.
Neben Sexfilmen wurden dort auch italienische Horrorfilme der 70er und 80er gezeigt. Vergesst „Brandend“: Meisterwerke wie „Eine Jungfrau in den Krallen von Zombies“, „Nackt und zerfleischt“ oder auch „Im Blutrausch des Satans“ kommen mit 2.000 Litern Kunstblut daher und liefern mit Abstand die beste und blutigste Splatter—Zombie-Comedy aller Zeiten! Was hier an irren, originellen und absolut übertriebenen Splatter-Szenen aufgefahren wurde, gibt es so in keiner Landmetzgerei. Und noch heute noch scheitert jeder Versuch diese Schlachtfeste zu kopieren.
In einschlägigen Viertelen bundesdeutscher Metropolen konnten man diese „Programmkinos“ finden, doch sie sind nicht mehr dort. Die älteren unter uns, die sich noch an das Kino im Frankfurter Hauptbahnhof (auf der rechten Seite der Eingangshalle aus Richtung Kaiserstraße kommend) erinnern, wissen was gemeint ist. Heute ist da ein Blumenladen…
Auch wenn der Zeitgeist alles in cooles graues Cleanschick der Leistungsgesellschaft getunkt hat, suchen die coolen grauen Leistungskids von heute ja wieder solche gesellschaftlichen Freiräume.
Was soll diese ganze Vorgeschichte überhaupt und was hat das mit dem eigentlichen Informationsgehalt dieses Artikels zu tun? Die Überleitung wird jetzt eine mittelgroße Herausforderung aber gut: Vom Ambiente her liegen zwischen den Bahnhofskinos vergangener Tage und der Caligari FilmBühne in Wiesbaden Welten, zwischen den jeweiligen Kinogängern liegen Galaxien. Nichts destotrotz gibt’s eine gewisse Schnittmenge und die liegt im Filmprogramme.
Das Caligari hat eine anarchistische Leidenschaft für Filme, die nie, aber auch niemals nie in keinem der intellektuellen Programmkinos der Region laufen würden. So konnte hier der geneigte Cineast beispielsweise den Buttgereit-Klassiker „Nekromantik“ oder „Garden of Love“ mit Bela B. aber auch „The Football Factory“ sehen. Und aus dieser schmerzbefreiten Tradition heraus zeigt die Caligari FilmBühne im Mai drei Filme des großen Dieter Hallervorden unter dem Motto „von Didi zu Dieter“.
Bei den ersten beiden handelt es sich quasi um ein Double-Feature. Klassiker aus den Achtzigern mit Didi in sage und schreibe Neun verschiedenen Rollen:
05.05. 2015 18 Uhr DIDI UND DIE RACHE DER ENTERBTEN
Siebenmal Dieter Hallervorden: In dieser rasanten Komödie über eine Erbschaft ist Didi in gleich sieben Rollen zu sehen – er spielt fast die ganze, vielköpfige Familie Böllemann, die sich zur Testamentseröffnung des reichen Bankiers Gustav Böllemann einfindet.
Per Videobotschaft verkündet der Verstorbene Überraschendes: Didi Dödel, ein Neffe dritten Grades, soll Alleinerbe werden. Fortan sieht sich Didi Dödel immer wieder Mordanschlägen der fiesen Verwandschaft ausgesetzt. Selbst das den meisten Didi-Filmen gegenüber kritische Lexikon des internationalen Films urteilt: „(…) In den rasanten Slapstick-Szenen beweist Hallervorden ein sicheres Gespür für Komik und Timing“.
12.05. 2015 18 Uhr DIDI – DER DOPPELGÄNGER
Nicht sieben, nur zwei Rollen hat Dieter Hallervorden in dieser Komödie „von einigem Unterhaltungswert“ (Lexikon des internationalen Films), die eines Konzernchefs und die eines Kneipenwirts. Als Ersterer herausfindet, dass eine Verbrecherbande seine Entführung plant, heuert er Letzteren an, da dieser ihm zum Verwechseln ähnlich sieht. Doch der vermeintlich einfältige Kneipenwirt ist schlauer als gedacht und stellt das Privatleben des Großunternehmers auf den Kopf. Natürlich will der Millionär nun den anarchischen Doppelgänger so schnell wie möglich wieder loswerden.
19.05. 2015 17 Uhr HONIG IM KOPF
Til Schweiger und Dieter Hallervorden gelingt ein berührender Film über ein denkbar heikles Thema, bei dem sie der Krankheit Alzheimer mit dem richtigen Humor grandios Paroli bieten. Dieter Hallervorden als zunehmend umnachteter Großvater läuft zu Höchstleistung auf und Til Schweigers Tochter Emma sorgt als resolute Enkelin charmant unverkrampft für den kindlich unbefangenen Blick auf jene Krankheit, für die der Titel eine wahrlich poetische Metapher gefunden hat.
Also los, los: Vorher ne Kräuterzigarette inhalieren und mit nem großen Sauergespritzten ab ins Kino. Sollte ein lautes, grenzdebiles Gelächter euren Filmspaß trüben, seid bitte nachsichtig ….
In diesem Sinne: Wir trinken Immer!
Euer B.