Im zweiten Teil der Sapeur OSB Denim Days haben wir uns mit Denim Connoisseur Guido Wetzelseinem der Macher hinter Blaumann-Jeanshosen unterhalten. Wir wünschen euch mit dem sehr informativen Interview viel Spaß.

Gude Guido! Vielen Dank dafür, dass du dir zwischen Selvedge Run und der ständigen Materialsuche zwischen Europa, Nordafrika und Asien für uns Zeit genommen hast. Wie fing eigentlich bei euch alles an und woher kommt deine Leidenschaft zu Denim?

Das ist schnell erzählt. Wir sind aus der Textilbranche und haben bei großen Jeansfirmen gearbeitet, ich z.B. 12 Jahre bei Mustang Jeans, die damals in 1990ern 8.000 Jeans am Tag in Künzelsau genäht haben.
Der Job war damals schon Produktion inkl. Industriewäsche, wie Used Effekte etc. Also künstliche Alterung mühsam auf ungewaschene Hosen zaubern.

Erkläre doch mal bitte den Lesern, die Blaumann-Jeanshosen nicht kennen sollten, was ihr macht und wofür ihr steht.

Blaumann ist ein Projekt von ehemals vier, jetzt drei, ab 2019 dann noch zwei Leuten. Die Verkleinerung auf zwei Leute ist dem steigenden Arbeitsaufwand neben der Berufstätigkeit oder auch der Gesundheit geschuldet. Wir machen Blaumann nämlichen nebenher.
Ziel ist aber der Switch zur 100%-igen Beschäftigung mit Blaumann.
Nachdem die allerletzten Produktionen in Deutschland schon seit den frühen 2000er Jahren alle dicht gemacht waren, kam 10 Jahre später die Schnapsidee ob es noch möglich ist in Deutschland eine Jeans zu fertigen, wie es Jahrzehnte der Fall war. Dann aber wie früher, ohne Wäsche, mit klassischer Verarbeitung.
Das war 2013, nach einem Jahr und echt lustigen Totalausfällen hatten wir dann die erste verkaufbare Hose in den Händen. Da das Projekt unter sportlichem Ehrgeiz läuft, wollten wir alles an der Hose haben, das uns wichtig ist. Möglichst deutsche Fertigung der Materialien, Zuschnitt und Konfektion auf jeden Fall aus Deutschland.
Da wir bereits die „normalen“ Dinge aus der Industrie kannten, haben wir japanische Denims made in Japan, gewebt auf historischen Schiffchenwebstühlen, gekauft, die anerkanntermaßen die teuersten und seltensten Denims weltweit sind. Dann haben wir noch Komplikationen eingebaut, die den Manufakturcharakter hervorheben, wie die verdeckten Gesäßtaschennieten. Auch kappen wir, wo möglich, ein Prozess, der üblich ist bei Jeans, aber selten konsequent durchgezogen wird.

Bester Denim aus dem japanischen Kuroki mit Materialien aus deutschen Produktionen. Erzählt uns doch etwas mehr zur Produktion. Wie und wo werden eure Produkte hergestellt?

Konfektion/Zuschnitt ist in der Oberpfalz bei zwei Betrieben. Nähe Regensburg. Taschenfutter Fa. Hecking kommt aus Stadthagen, Niete und Knöpfe Fa. Berning Wuppertal, Etiketten Fa. Bornemann Wuppertal, Garn Fa. Amann in Bönnigheim,
Denim kommt aus Japan Fa. Kuroki. Demnächst auch aus Hamminkeln. siehe unten

Blaumann Karotte 15 oz

Wie ist das Feedback eurer Kundschaft und den Stores, mit denen ihr zusammenarbeitet? Versteht der normale Kunde, warum eine Blaumann-Jeans aufgrund der verwendeten Materialien und Produktionsweise keinen Hunderter kosten kann?

Ja, das verstehen praktisch Alle. Der Preis ist nicht wirklich das Thema.

In den letzten Monaten hattet ihr euer Sortiment erweitert. Unter anderem kamen eine Slim Fit Variante (Extra schmaler Blaumann) und eine Chino dazu. Was sind aus eurer Sicht die wichtigen Ansätze für die Marke in den kommenden zwölf Monaten?

Passformen haben wir mittlerweile Schmal (Tapered), Extra Schmal (Slim), Gerade (Klassisch), Karotte (weiter Oberschenkel, enge Fussweite, ähnlich Brut Knut oder 501 CT).
Chinovarianten werden in der Industrie stärker. Deshalb haben wir auch diese Hose jetzt im Sortiment. Wobei wir nicht den Weg der RFD Variante gehen (Ready For Dyeing), bei der weiße Hosen konfektioniert und danach in Waschmaschinen eingefärbt werden. Die andere Variante wäre auf der Rolle gefärbte Meterware zu kaufen und dann zu konfektionieren.
Unsere Variante ist die teuerste, also „japanischste“, wenn man so will: Gefärbte Garne werden verwebt. In unserem Fall auf einem alten Schiffchenwebstuhl, weshalb man auch die weiße Webkante sieht.

Guido, wenn man schon die Chance hat sich mit einem Denim Conoisseur zu unterhalten, muss ich dich bitten uns zu erklären was denn das Besondere an dem Kuroki Denim ist.

Kuroki ist im Vergleich zu anderen Denimwebereien klein. Produzieren irgendwas um die 3 Millionen Meter im Jahr. Die großen Firmen in der Türkei/Brasilien machen 20-100 Millionen Meter im Jahr. Außerdem gönnt sich Kuroki den Spaß der historischen Denimproduktion mit  Schützen/Schiffchenwebstühlen aufrecht zu erhalten. Und das kombiniert mit den besten Garnen und Standards. Japaner sind Puristen.

Lass uns doch mal kurz den Blick über den Tellerrand schweifen. Welche andere Jeansmarken trägst du neben euren Kreationen und was ist für dich das Nonplusultra?

Neben unserer? Keine. Eintragen kostet Zeit, jeder Non-Blaumann Tag wäre verlorene Eintragezeit….. Spaß. Aber CI ist natürlich wichtig, ich kann gar nicht in anderen Hosen rumlaufen.
Bei Oberteilen ist es etwas anders, da bin ich variabel, weil man ja nicht uniformiert sein möchte. Dann auch mal gerne was von Pike etc.
Wenn es ne Benchmark gibt, ist das IRON HEART, Japanisches Label, irgendwas über 20 oz. Die würde ich schon anziehen theoretisch. Obwohl ich mit meiner 22 oz von Blaumann happy bin.
Generell muss man aber sagen, dass im Hochpreissegment alle Marken gut sind. Da geht es dann nur noch um persönliche Vorlieben, Details, Passform, Blauton vom Denim etc.

Heritage Fashion bedient ähnlich wie die Marken der Football Casuals eine kleine, aber wachsende Nische. Welche Herausforderungen warten auf Blaumann-Jeanshosen in einer modernen Modewelt?

Wir wachsen und benötigen mehr Nähkapazität, das ist die gläserne Decke. Die 8.000 Hosen / Tag  bei Mustang in den 1990ern sind problematisch im Jahr zu schaffen und zwar in ganz Deutschland zusammengenommen. Die Industrie ist praktisch vom Erdboden verschwunden. Das Wissen auch immer mehr. 

Erkläre doch bitte den Denim Neulingen, die jetzt erst anfangen sich mit der Thematik zu beschäftigen, was Selvedge ist und worauf man beim Kauf einer Selvedge Jeans achten sollte.

Selvedge/Selvage (Amerika./engl.) bedeutet SELF EDGE, Eigenkante also. Auf den Schiffchenwebstühlen wird der Schussfaden durch die sich hebenden und senkenden Kettfäden geschossen mittels eines Transporters, dem Schiffchen, in dem die Garnspule liegt.
Das Schiffchen wird von einem Ende immer wieder zum anderen Ende hin und hergeschossen (macht ordentlich Krach).
Dabei werden die äußersten Fäden mit abgewebt. Die sind farbig. Nicht Blau, wie der Kettfaden, sondern rot-weiß, blau-weiß etc. Diese Kante ist also Teil des Gewebes.
Da die alten Schützenstühle nur 75 cm Nutzbreite haben, werden die großen Teile des Schnittbildes an den Rand, also an die Webkante gelegt. Das sind logischerweise die Hosenbeine. Wenn man die zusammennäht, hat man an der Außennaht die farbige Selvagekante sichtbar.

Der Grund, dass die Kante farbig ist, hat logistische Gründe. Die Rollen waren im Lager an der farbigen Kante schnell zu erkennen und man wusste, welche Farbe für welchen Kunden war.
Durchgesetzt hat sich eigentlich Rot-Weiß, die Levis Farben. Aber wir haben eine Hose in blau-weißem Selvage, Edwin hat den Rainbow Selvage etc.
Moderne Stühle haben doppelte Nutzbreite, also ca. 150 cm. Die Fäden werden mit Luftdüsen durchgeschossen, und am Ende abgeschnitten. Es gibt also eine Kante, die im Zuschnitt Abfall ist.

Blaumann Extra Schmal 12,5 oz

Ich habe mir durch eine Selvedge Jeans ein paar Wildleder adidas Sneaker ruiniert. Dies brachte mich dann zur Pin Roll , was wiederum zu Sticheleien aus der Sapeur Crew führte. Jetzt die Frage an dich: Pin Roll – Ja oder nein?

Kommt auf den Schnitt an, denke ich, Wenn man zu viel einklappen muss, siehts am Ende komisch aus. Unsere Karotte ist so eng, die Rolle ich normal.

Wir hatten euer sympathisches Label bereits Ende 2016 bei uns auf dem Blog vorstellen können und freuen uns auf viele weitere Kreationen. Plaudere doch mal bitte für uns aus dem Nähkästchen was ihr in der Pipeline habt.

Da gibt es einiges:

1) Weste (dann auch im eShop). Mittlerweile gibt es eine Weste in drei Stoffvariationen:
Cord Beige gewebt bei Kindermann in der Lausitz
Chino Beige Kuroki Selvage
Denim Kuroki 12,5 oz
2) Jacket (eShop). Unsere Jeansjacket 15 oz Ridervariante mit Innentaschen, keine Seitentaschen.
3) Cord Chinos. Gleicher Schnitt wie die Kuroki Selvage Chino
4) Black Black Denim Selvage in Schmal und Extra Schmal.
5) und last but not least unser „Manhattan Projekt“: Denim gewebt in Deutschland auf einem Schützenwebstuhl, der bei unserem Partner in Hamminkeln steht. Eigentlich ein Textilveredler, der dann die Nachbehandlung auch durchführt. Detlef, der Weber, hat´s aber gelernt. Selvage gewebt in Deutschland gab es vor dem Krieg nicht, nach dem Krieg wurden Jeans populär, der Stoff wurde aber zuerst aus USA, dann Italien importiert, später dann auch Türkei.
Die wenigen Versuche von gewebtem Denim in Deutschland fanden alle später auf modernen Webstühlen ohne Kante statt.
Die Ware wird ab November verfügbar sein. Wir starten die erste Serie im Modell „Schmal“, Stoff hat 14,5 oz. Der Film von unserem Stuhl gibt es übrigens auf unserer Facebook Seite.

Kooperationen:
Collegeclubjacke von Dehen, made in Portland mit Blaumann Stick auf Rücken
Rucksack, Reisetasche in unserem Kuroki Denim 15 oz von Seil Marschall in extra Größe
Ledergürtel mit Blaumann Logo von Timeless Leather
Schlüsselanhänger Timeless Leather
Pomade aus Karlsruhe von Pompy
Kugelschreiber von KaWeCo mit Blaumann Schriftzug

Wichtig ist uns, dass es erkennbar Blaumannteile sind, die so nicht vom Hersteller zu bekommen sind. Der Ursprung der eigentlichen Marke ist aber klar genannt.
Alle Partner sollten eine ähnliche Produktionsgeschichte, wie wir haben.

Vielen Dank für das Gespräch, Guido. Wir wünschen euch für die Zukunft alles Gute und viele weitere Stockists. Bleibt euch weiterhin treu. Die letzten Worte gehören immer unserem Gesprächspartner. Sag was du sagen möchtest.

Schön, dass es wieder Bewegungen in Mode, Food, Beer etc. gibt, die auf Qualität, Herkunft und Details legen und schön, dass es auch immer mehr junge Leute interessiert.

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Source: Blaumann-Jeanshosen