von Bobo van Dalen

Zugegeben, ein etwas unkonventioneller Artikel für unsere Art von Blog. Doch vor lauter Schuhen und Klamotten mal links und rechts einen Abstecher in Sachen Kultur zu machen, kann kein Fehler sein; zudem ist der Artikel in lesbarem Umfang gehalten. Lasst euch drauf ein und erfahrt eine Lebensgeschichte voller Suff und Weibergeschichten, die, auf einer einsamen Insel endet!

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Rund drei Monate ist der Tod des großartigen David Bowie mittlerweile nun her; die Zeitungen und Fernsehberichte waren voll mit Nachrufen und Rückblicken. Bowie gilt als einer der wichtigsten und einflussreichsten Künstler der Pop-Musik-Ära. Nicht genug, dass er die zeitgenössische Musik im weitesten Sinne beeinflusste, nein, er inspirierte sogar englische Casual-Modemacher zu T-Shirt-Motiven.

Doch wer beeinflusste David Bowie? Das gleichnamige Messer steuerte dessen Nachnamen bei und ein gewisser Andy Warhol wird immer wieder genannt. Doch einen hat da subjektiv irgendwie niemand auf dem Schirm: Jacques Brel!

Am 8. April 1929 im Brüsseler Vorstädtchen Schärbeck geboren, sieht sich Brel bereits früh mit dem Leben in der bürgerlichen Mittelklasse konfrontiert. Zu Beginn der 1950er Jahre ließ der verheiratete Brel seine Frau und drei Kindern in Flandern zurück, um der Vorstellung eines zielsicheren bürgerlichen Lebens zu entfliehen. Der voller Tatendrang steckende Sozialist wanderte nach Paris aus, wo er seinem Wunschberuf des Chansonnieres nachkommen wollte. Mit im Gepäck Songskizzen, die er über die Jahre zuvor verfasst hatte.

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Ender der 1950er, noch vor den Cohens und Dylans, avancierte ein belgischer Schlacks im besten Alter zu einem Sänger, Dichter, Lyriker, Komponist und schließlich zum Schauspieler. Brel, der sich durch beindruckenden Gesang und expressiven Mimik auszeichnete. Seine körperliche Darstellung erinnerte an Pantomime und ist auch ohne Ton verständlich, denn er erzählt mit seinen Händen und dem Rest des Körpers seine Liedtexte in einer Mischung aus Melancholie und rauer Matrosen-Romantik.

„Nein Jef, Du bist nicht ganz allein,
Aber hör auf so zu heulen vor aller Welt
Nur weil Dich eine verlassen hat,
die auch nicht mehr die Jüngste war.
Weil eine Blondierte Dich hat fallen lassen!
Nein Jef, Du bist nicht ganz allein.
Aber Du weißt, daß ich mich schämen muß, 
wenn Du so blöd schluchzest vor aller Welt.
Weil eine dreiviertel-Nutte Dich am Seil runter gelassen hat.
Nein Jef, Du bist nicht ganz allein, 
Aber ich schäme mich, wenn ich sehe
Wie die Leute sich über uns lustig machen.
Laß uns von diesem Bürgersteig verschwinden!
Los Jef, komm endlich.

Komm ich habe noch drei Sou
Wir werden sie versaufen bei Mutter Francoise
Komm ich habe noch drei Sou
Und wenn das nicht genug ist,
Könnte ich noch anschreiben lassen.
Dann werden wir essen gehen
Muscheln und Fritten
Fritten und Muscheln
Und Moselwein.
Und wenn Du dann noch traurig bist,
Werden wir bei den Mädchen von Madame Andrée
Einen Besuch machen.
Es soll dort ein paar Neue geben.
Wir werden uns beide wohlfühlen
Und wie früher singen
Als wir hübsche Jungs waren
Und noch keine Säufer.“

Jacvques Brel, Auszug aus Jef (deutsche Übersetzung)

Die Wellen der Begeisterung, die der charismatische Choleriker ab 1958 über Nacht im Pariser „Olympia“ entfachte, verglich der französische Figaro mit einem Orkan. Brels Geheimnis ist die Authentizität, die er bei seinen Live-Auftritten vermittelte. Wenn der brav seitengescheitelte Lieblings-Schwiegersohn im Anzug am Mikro loslegte, verschwand jegliches Ambiente um ihn herum. Alles drehte sich nur noch um den grimassierenden Erzähler, der pointierte Geschichten von der Liebe und der Sehnsucht auf Lager hatte. Die Wucht seiner Dramen fesselte neben Bowie auch diverse andere Künstler. In Brel´s Lied „Amsterdam“ erzählte er vom Leben der Seemänner in der holländischen Hauptstadt, während er in „Les Bourgeois“ selbstironisch jugendliche Revolutionsgedanken aufs Korn nahm.

Nach etwa fünfzehn Jahren durchgängiger Bühnenpräsenz gab Brel 1967 sein Abschiedskonzert in Paris. In der Folgezeit arbeitete er abseits der Konzerthallen als Filmschauspieler, Theaterdarsteller, Musical-Autor („L’Homme de la Mancha“) und Regisseur („Le Far West“). Frauen-geschichten pflasterten nach wie vor seinen Weg.

Mitte der 1970er verließ Brel sein französisches Zuhause per Segelschiff und legt auf den Marquesainseln an und lebt von nun an in der Südsee. Am 9. Oktober 1978 erlag Jacques Brel im Alter von 49 Jahren dem Lungenkrebs. Sein Grab liegt auf dem Friedhof von Atuana auf der Marquesas-Insel, ganz in der Nähe der Grabstätte des Malers Paul Gauguin, dessen Nachbar er auch zeitlebens war.

Rockstar, Alkohol, Frauen und nen Lebensabend auf ner einsamen Insel: Das klingt doch nach nem Lebensentwurf!

Wer weiteres Interesse an weiteren Infos zu Brel hat, kann mal bei arte (klick hier) vorbeischauen.

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