Der Sapeur OSB Jahresrückblick von bobo van dalen

Hochgeschätzer Lesezirkel, verehrte Mitglieder der Ethikkommission, liebe Sportsfreunde,

eingangs möchte ich einen Angehörigen des Deutschen Hochadels, den die Boulevardpresse einst liebevoll „Prügelprinz“ taufte, wie folgt zitieren: „Mein Problem ist, dass ich nicht `Nein´ sagen kann. Wenn mich jemand anruft und will, dass ich saufen komme, dann mach ich das“. Im übertragenen Sinne trifft dies auch auf mich zu, denn in ähnlicher Weise wurde ich als Chronist von der Sapeur-Blogsteady-Crew auserkoren, diesen Jahresrückblick zu schreiben. Das habt ihr nun davon. Der gleichzeitigen Ehre und Bürde bewusst, werde ich nun versuchen das vergangene Jahr unserer Société des Ambianceurs et des Personnes Élégantes (wofür das Akronym Sapeur steht) Revue passieren zu lassen. Über Kritik freue ich mich, die ihr direkt an meinen Stockschirm richten könnt.

Ein letzter Systemcheck: Aus den Bose-Lautsprechern ertönt Nick Cave, der Tumbler ist gefüllt mit fünfzehnjährigem Dalwhinnie. Wir haben genug Benzin im Tank, ein halbes Päckchen Zigaretten, es ist dunkel und wir tragen Sonnenbrillen.

10

An dieser Stelle wird es kurz mal ernst. Eine Prämisse unseres Blogs besteht darin, dass Fußball keine Plattform für Politik sein soll. Allerdings fällt es schwer über das Jahr 2015 zu schreiben, ohne die weltpolitischen Geschehnisse im Hinterkopf zu haben. Die menschlichen Schicksale, die sich in den letzten zwölf Monaten auf dem Mittelmeer, an den europäischen Südküsten, in der Levante und jüngst in Frankreich und Belgien zutrugen, sind jedem im Gedächtnis. In diesem Zusammenhang nur soviel: Wir können (zumindest einigermaßen und nach unseren eigenen Regeln) frei zum Fußball fahren. Wir können frei über unsere Interessen schreiben. Und wir können uns den Luxus eines besonderen Geschmacks bei der Wahl der Garderobe und des Schuhwerks leisten. Diese Privilegien sollte uns allen bewusst sein. Amen, die Predigt ist zu Ende, aber das war mir wichtig.

Sapeur OSB, ein Konstrukt bestehend aus Freunden, die seit über 15 Jahren gemeinsam zum Fußball fahren. In all den Jahren haben wir Situationen erlebt, die der Durchschnittsbürger in der Form höchstwahrscheinlich nur aus einschlägigen Filmen kennt. Das schweißt zusammen; neben einer musikalischen Schnittmenge komplettiert die gemeinsame Leidenschaft für sportlich elegante Freizeitmode diese etwas andere Selbsthilfegruppe namens Sapeur. Nachdem wir am 1. Mai 2014 an den Start gingen, können wir jetzt erstmals auf ein vollständiges Kalenderjahr zurückblicken.

Durchschnittlich haben wir ziemlich genau drei Beiträge pro Woche veröffentlicht. In Anbetracht des damit verbunden Recherche- und Schreibaufwandes finde ich das einen ganz passablen Schnitt. Doch Genug der Statistik. Kommen wir nun zu meinen persönlichen Highlights. Die Reihenfolge ist dabei chronologisch und nicht etwa wertend. Vielleicht doch eine allgemeine Wertung, denn über die Interviews freuen wir uns am allermeisten. Wir konnten einer Reihe von Autoren und Markenvertretern die Fragen stellen, die uns unter den Nägeln brennen und bekommen sie dann auch noch höchst exklusiv beantwortet. Wenn das nicht geil ist…. Leider sind knapp zehn fertige Interviews nie gepostet wurden. Die Zusagen waren da und die Fragen gestellt, nur die Antworten blieben aus. Das ist sehr schade, denn wie von uns gewohnt, locken wir nur interessante Personen, Künstler und Marken  aus dem digitalen Einheitsbrei auf unsere kleine Blog-Bühne Noch dazu nur Gesprächspartner, die wir dufte finden, Marken die wir selbst tragen und nie, um nur einfach neuen Inhalt auf dem Blog zu haben. Ein weiteres Highlight…natürlich unser Trip nach London. Schaut euch die Beiträge ruhig nochmal an, das sind sie Wert.

2 1

Domenico Mungo ist eine lebende Legende! Anstimmer und absolute Führungsperson der Curva Fiesole von Florenz. Sein Buch „Streunende Köter“ ist eine Offenbarung! Als ich seine Antworten auf unsere Fragen erstmals lesen durfte, weinte ich Freudentränen! Freunde von den Printmedien sagten uns, das solch ein Interview normalerweise gedruckt werden muss. Klick hier

Der brasilianische Fotograf Gabriel Uchida bekommt Personen vor die Linse, die so manch einer mit bloßem Auge nicht anzuschauen wagt. Für mich sind seine Bilder Kunstwerke, die in zeitgenösssische Museen gehören. Kommissar Zufall ließ ihn uns in Frankfurt über den Weg laufen und wir mussten ihn einfach für euch befragen. Ein super Typ, der in Ecken Sao Paolo´s willkommen ist, in denen sich die Bullen nicht hineintrauen. Klick hier

Das wir keine Berührungspunkte mit anderen deutschen Labels hat, zeigte das Interview mit dem Berliner Label Dreierhopp. Wir finden es klasse, das sich etwas in Deutschland tut und Arne beweist hier mit seinen Kollegen Geschmack. Klick hier

Neben MA.strum führt meines Erachtens nur Marshall Artist fort, was ein gewisser Massimo Osti einst begründete. Hier bist du angezogen. Lese und entscheide selbst. Klick hier

Die sympathischen Herren aus der bayerischen Landeshauptstadt haben ein Streetwear-Label etabliert, deren Produkte sich durch hohe Qualität und dezentes Design auszeichnen. Wir freuen uns schon auf den Besuch in Minga. Unfair Athletics. Klick hier

Fuego Fatal. Stoff aus Frankfurt. Das Herz auf der Zunge. Frankfurt bleibt stabil! Was für eine Geschichte. Ein großartiges Interview. Klick hier

So einen Tripp mit den Jungs würde ich gerne öfter machen. Diese Mischung aus „Fear and Loathing in Las Vegas“ und „Monty Python’s flying circus“ würde mich zwar früher oder später in die Klappse und/oder in die Entzugsklinik bringen aber hey, einen Tod muss jeder Sterben. Klick hier

7

Neben unserem Blog hauen wir ab und an ein Kleidungsstück raus, was uns unmittelbar zu unserem „Nachwuchs“ führt. Die Sapeur-Crew hat mit dem französischen Illustrator Duckas Zuwachs bekommen. Er beherrscht sein Handwerk meisterhaft und hat dazu noch einen vorzüglichen Stil. Von ihm stammen drei unserer diesjährigen T-Shirt-Motive. Wenn wir mit ihm die Ideen für die Designs besprechen, wird er kurz ganz ruhig, bevor er den Bleistift tanzen lässt. Was er dann in Windeseile aufs Papier bringt, ist die Umsetzung der Ideen in noch viel, viel besser. Und mit seiner ruhigen Art gleicht er unsere hessischen Schlappmäuler ganz gut aus. Darüberhinaus kann man hier von einem „Meeting of Minds“ sprechen. Gleicher Stil, gleiche Meinung, gleiche Interessen. Das ist wichtig. Nicht das er nur ein großartiger Illustrator ist, sondern er ist auch ein Spitzentyp, der mal mindestens so verpeilt ist wie wir. Bienvenue dans la famille, Duckas! Klick hier

Wo waren wir stehengeblieben? Ah, Klamotten, wie konnte ich das nur vergessen?!? Wir begleiten unsere Projekte von der Idee übers Design, die Fertigung bis hin zum Versand. Nach wie vor haben wir kein Geld zu wenig und verfolgen keine kommerziellen Absichten. Wir machen das alles neben einer 50-stündigen Arbeitswoche, aus purer Freude an der Sache, für uns, für euch und weil es vielleicht Eindruck bei den Damen macht. Und wenn am Ende das Geld einem guten Zweck zu Gute kommt, ist das gut für das Karma. In den letzten Monaten schossen selbsternannte Casual-Labels wie Pilze aus dem Boden, die (leider) sich meist in Punkto Stil- und Einfallslosigkeit stets gegenseitig überboten. Mit einer gewissen Arroganz werden wir das Treiben aus der Ferne beobachten. Wir kennen hier keinerlei Konkurrenz, denn wir konzentrieren uns einfach auf uns und hecheln auch keinen Trend hinterher. Sapeur OSB spielt sich nicht als Modepolizei auf und neunmalkluge Besserwisser kann eh niemand ab. Das Schaulaufen überlassen wir gerne anderen. Jedenfalls erhalten wir von euch jede Menge positives Feedback und die ganzen Bilder „around the world“, was uns wesentlich mehr bedeutet als den einen oder anderen Euro mehr auf dem Konto. Da sind wir Romatiker alter Schule.

4

Mit z. B. Casualution, Moloko+ Allstars, Modell Frankfurt und Gentlemen’s Game haben wir haben wir schnieke Designs präsentiert, von denen die drei letztgenannten von Duckas illustriert wurden. Wir finden sie ganz gelungen, ihr offensichtlich auch. Win win!

Leider geht nicht immer alles einfach und locker aus dem Handgelenk. Wir wollten euch einen Schal und weitere schicke Dinge aus dem Sapeur OSB präsentieren. Aber bei der Qualitätskontrolle wanderte leider sehr viel wieder an den Absender zurück und wir mussten von Null beginnen.

Entjungfert wurden wir in diesem Jahr in Sachen Zusammenarbeit, neudeutsch: Collaboration. Gemeinsam mit tuktuk haben wir ein Button-Down-Hemd im exklusiven Sapeur-Design präsentiert. Mit dem Gerät bist du so ziemlich überall passend angezogen. Ich trug es an Weihnachten, sogar Schwiegermutter gefällt es. Aufgrund der Preisbindung von tuktuk in Kombination mit dem für uns nachteiligen Wert des englischen Pfund, mussten wir den Kurs pro Hemd recht hoch ansetzen. Trotz des finanziellen Risikos haben wir die Sache durchgezogen und zwar weil wir da Bock drauf hatten. Wir hatten das geile Angebot erhalten den Stoff exklusiv für uns zu bekommen und mussten direkt alles kaufen. Consulter würden hier von einem „Goal“ in ihrer Timeline sprechen, wir nennen es einen für uns wahrgewordenen feuchten Traum. Apropos, es sind noch einige auf Lager. Bevor ihr also das Weihnachtsgeld versauft, investiert es in ein gepflegtes Äußeres zum Vorzugspreis. Klick hier

5

Also ich weiß nicht wie ihr das beurteilt (wie gesagt, ihr könnt das meinem Schirm erzählen), für das erste volle Jahr doch recht passabel. Wir haben einige Ikonen der Zunft interviewen und kennenlernen dürfen. Kontakte entstanden, die wir nicht mal zu träumen wagten. Überdies sind Türen aufgegangen, von deren Existenz wir keine Ahnung hatten (Nein, das Gleis Neun, Dreiviertel ist nicht dabei. Das haben wir überprüft. Da stehen nur Potter-Jünger und fotografieren eine Backsteinwand).

Daher weiß ich, was 2016 betrifft, natürlich mehr als ihr. Was auch noch eine Weile so bleiben soll, zumindest bis die Zeit reif zum Plaudern ist. Nur so viel: die Zeichen stehen auf „blinker Links und Vollgas“. Wir haben ein Füllhorn voll Themen für den Blog und eine Vielzahl von Klamotten-Projekten in der Pipeline.

Mit einem der Projekte könnte für uns ein weiterer Traum wahr werden. Wir arbeiten aktuell an einem Regenschutz und einem Polohemd. Hoffen wir mal, dass vor lauter Details nicht am Ende so was wie das von Homer Simpson entwickelte Auto rauskommt. Ein Fünkchen Hoffnung habe ich, da wir die lasergravierten, Night-glow-Knöpfe in drei D-Optik mit changierendem Farbenspiel aus U-Boot-Stahl bereits verworfen haben. Aber wie gesagt, Details und Bilder alles zu seiner Zeit. Aktuell haben wir die Idee und nach den Samples entscheiden wir, ob GO oder No-Go.

3

Als wäre das nicht schon Highlight genug, hat uns ein schottisches Traditions-Label zum Kaffeetrinken eingeladen. Die Modemessen „Seek“ und „Bright“ rufen uns Mitte Januar nach Berlin. Auch in München werden wir vorbeischauen.

Die Projekte werden in den nächsten Wochen zeitlich eingetaktet. Insgesamt ist der Plan randvoll. Hoffentlich lassen es unsere Jobs zu, schließlich haben wir einen Bildungsauftrag. Von der Frequenz her wollen wir das diesjährige Niveau weitestgehend halten. Falls ihr ihm Blog ein bestimmtes Thema, Buch, Marke oder Interview lesen wollt, dann lasst uns das wissen. Und schickt bitte weiter Bilder „around the world“. In der Gin-geschwängerten Atmosphäre unseres ersten Geburtstags, schwebte mir bereits eine Weltkarte mit entsprechenden Positionsfähnchen vor, doch am nächsten Tag hatte ich es komischerweise wieder vergessen. Muss am Bitter-Lemon gelegen haben. Wie auch immer, jetzt erinnere ich mich. Wenn ihr so weiter reist und knipst haben wir bald „Sapeur all around the world“.

Abschließend möchten wir uns bei euch bedanken. Danke für euer Interesse, Danke für eure Unterstützung und Danke für Euer Lob und auch für die Kritik.

Verbleiben wir in der Hoffnung beim Jahresrückblick 2016 Colonel Smith mit den Worten zitieren zu können: „Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert“.

Bis dahin, alles Gute, stets handbreit Äppler im Gerippte, Sapeur-Blog lesen, anständig bleiben. So und jetzt bereitet euch auf Silvester vor. Mister Holmes gibt dazu nachfolgend noch ein Tipp.

Bobo van Dalen

8