Wer sich etwa genauer mit der Skinhead-Szene beschäftigt, kommt ab einem gewissen Punkt nicht mehr an Gavin Watson nicht vorbei. Er selbst hat die Kultur nicht etwa durch Musik oder dergleichen geprägt, jedoch wie kein Zweiter dokumentiert.

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Gavin Watson wuchs in der südenglischen Grafschaft Buckinghamshire auf. Als Teenager besorgte er sich eine Kamera und begann sein Umfeld in alltäglichen Situationen zu fotografieren. Besagtes Umfeld waren vorwiegend Skinheads und Punks. In seinen Meisterwerken „Skins“ sowie „Skins & Punks: Lost Archives, 1979-1985“, porträtiert er die beiden Ikonen der britischen Subkultur in den wilden Jahren. Und zwar dies auf eine Art und Weise, wie es kein Film zu tun vermag.

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Mit „Skins“ gelang Gavin 2001 ein Meilenstein der visuellen Darstellung von Subkulturen. Er eröffnet einen besonderen Blick als Teil der Szene, authentisch, aber nicht subjektiv. Die retrospektiven Genre-Filme verklären oder verschlimmern die jeweiligen Szenen, durch Watsons Fotografien gelingt jedoch ein intimer Einblick in die damalige Gegenwart.

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In 2007-8 folgte gewissermaßen der zweite Teil mit „Skins & Punks. Lost Archives 1978–1985“, das bisher unveröffentlichte Bilder beinhaltete. Gavin saß auf einem Schatz von diversen Fotografien, die nun endlich der Welt präsentiert werden konnten. Ihm gelang mit dem neune Bildband erneut atemberaubende Fotografien zusammenzustellen, die zu dem eine einzigartige Distanzlosigkeit schaffen. Die rebellische Energie steckt an. Seine beiden Werke gelten bis heute als fotografisches Standardwerk einer ganzen Subkultur.

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1989 hat sich Gavin Watson der Dokumentation der Skinhead-Kultur abgewandt, nur um der einzige Mensch zu werden, der in der Ecstasy-Wolke, die in diesem Jahr England umhüllte, noch in der Lage war, eine Kamera zu bedienen. Rave war zu dieser Zeit eine Revolution, auch wenn er mittlerweile mehr als totgetrampelt worden ist. Zu dieser Zeit sind die Fotos für sein Buch „Raving `89“ entstanden. In einem Interview mit VICE nannte Gavin die Gründe, warum er als Skinhead die ersten Raves besuchte

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„Das Skinhead-Ding wurde ein bisschen lahm. Für die meisten gab es keine wirklichen Optionen, es sei denn, du wolltest heiraten und Kinder kriegen. Wir fühlten uns einfach noch zu jung, um schon im seriösen Erwachsenenleben zu verschwinden und da kam das Raven genau zur richtigen Zeit. Alle unsere Freunde gingen zu den Raves und diejenigen die nicht da waren, sind auf dem Weg zu den Raves versumpft.(…) Alle Skinheads kamen zusammen, als wir zu den ersten Raves gingen. Mein Bruder Neville hat sich eine Zeitlang zurückgehalten. Er hatte früher ziemlich viel zu sagen in unserer Gang, aber zu dem Zeitpunkt war uns das egal und wir gingen einfach trotzdem hin. Wir sagten dann so was wie, „Tut uns leid, Kumpel. Wir sind dann mal weg, auf einer Party.“ Ein paar Monate lang hielt er das durch. Rave war total frisch und haute uns richtig um. Es war eine regelrechte Kraft, die durchs Land ging—wie eine Revolution.“

Über die letzten Jahre hat sich Gavin Watson zu einem gefragten Fashion-Fotograph entwickelt, der bereits mit Vice, Dr. Martens, Adidas und Farah Vintage zusammengearbeitet hat.

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Dr. Martens, die Harrington-Jacke, Polohemd und Blue Jeans. Der Dresscode einer ganzen subkulturellen Bewegung. Seit 2011 inszeniert Watson verschiedene Kampagnen für Dr. Martens und kreierte zudem eine T-Shirt Kollektion, die einige alte Fotografien aus dem unermesslichem Archiv des Künstlers auf Textil verewigt. Ein Bündel aus schwarz – weiß Fotografien der frühen 1980er Jahre.

Dr. Martens

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In 2014 kam es zu einer Zusammenarbeit zwischen Watson und Adidas anlässlich eines Viertel Jahrhunderts „Rave-Culture“. Das Shooting mit ZX Flux Modellen als eine Hommage an die Hochphase des Acid.House, des Jungles und die szenetypisch neonbunte Kleidung schön in Szene gesetzt.

Die Herbst-Winter Kollektion 14/15 von Farah Vintage trugt den Titel „Rave Against The Machine“. Inspiriert durch die Rude Boy-Ästhetik und die britische Raverszene korrespondiert sie zwischen alt und neu, luxuriös und casual, Tradition und Moderne. So wie die Ravekultur ein Melting Pot war, so ist die Kollektion ein Mash-up, dass sich sowohl in Anzügen als auch in der Sportswear wieder findet. Und auch Farah verwendete einige Fotografien von Gavin und brachte eine kleine Kollektion in Form von T-Shirt, Hemd und Bomberjacke raus.

Gavin Watson für Farah Vintage

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Wer mehr von Watsons Kunst sehen will, sollte sich seine Internetpräsenz ansehen. Es lohnt sich echt. Geiler Scheiß und damit sind nicht nur die Damenportraits gemeint.

Gavin Watson tumblr

Euer B.

photo source: farah vintage, gavin watson, dr. martens, vice